BauSV 2/2024


Bautechnik

Schnee vor der Hauswand, deutlich höher als der Sockelputz mit 30 cm Höhe
Abb. 1: Schnee vor der Hauswand, deutlich höher als der Sockelputz mit 30 cm Höhe

Sylvia Stürmer, Lars Dahlem


Witterungsschutz bei Außenputzen

Eine vergleichende Bewertung unterschiedlicher Prüfverfahren zur kapillaren Wasseraufnahme


1 Einleitung

Den meisten Baubeteiligten sind die Beanspruchungen durch die Freibewitterung der Fassaden und die Auswirkungen der zunehmenden Starkregenereignisse auf die Bausubstanz und Dauerhaftigkeit bewusst. Weniger bekannt sind jedoch die Vorgänge bei der Wasser- / Feuchteaufnahme und -abgabe der verschiedenen Baustoffe in ihrem Zusammenwirken – je nach Exposition der Fassaden und Spritzwasserbelastung.

Obwohl die Kategorien wie »wasserundurchlässig«, »saugend«, »wasserabweisend« etc. allgemein bekannt sind, wissen wenige, was diese technisch tatsächlich beinhalten. In der Baupraxis geht man z.B. fälschlicherweise häufig davon aus, dass als wasserabweisend deklarierte Putze kapillar kaum oder kein Wasser aufsaugen.

Noch verwirrender wird es, weil nicht alle zu berücksichtigenden Wasser- und Feuchtetransportprozesse und der geplante Witterungsschutz auf die gleichen Materialkennwerte zurückgreifen. Die Anforderungen an den Regenschutz von Fassaden sind in unterschiedlichen Regelwerken beschrieben, u.a. DIN 4108-3 und DIN EN 998-1. Die Materialkennwerte für die kapillare Wasseraufnahme werden gemäß anderer Normen nach verschiedenen Prüfverfahren erfasst und ausgewertet, die inhaltlich und in ihrer Aussagefähigkeit für die realen Beanspruchungen am Objekt sehr unterschiedlich sind. Darauf wird im Abschnitt 3 näher eingegangen.

Nachvollziehbare Messwerte sind nicht nur für den Vergleich von Putzen verschiedener Hersteller bezüglich Regenschutz und Dauerhaftigkeit wichtig, sondern auch, um bauphysikalische Berechnungen zum Feuchteschutz mit vergleichbaren Werten durchführen zu können. Die Kenntnis dieser Materialkennwerte ist für die Bewertung des Feuchteschutzes bei Putzen und Sichtmauerwerken genauso wichtig wie für die Funktionsfähigkeit von Innendämmsystemen und deren Vorplanung anhand von Simulationen wie WUFI®, insbesondere für die kapillaraktiven Innendämmsysteme.

Die Putze stehen im Fokus des Artikels, weil über 60% der Fassadenoberflächen in Deutschland mit Putzen gestaltet sind, die in vergleichsweise geringer Schichtdicke von ca. 2 cm für mehrere Jahrzehnte der Witterung ausgesetzt sind.

Der Artikel befasst sich mit der Bewertung der kapillaren Wasseraufnahme von unbeschichteten Außenputzen anhand von verschiedenen Prüfverfahren und Kategorien zur normativen Bewertung. Grundlage dafür ist ein komplexes Versuchsprogramm mit handelsüblichen Putzmörteln für die Fassadengestaltung, das im Rahmen der Thesis von Lars Dahlem an der Fakultät Bauingenieurwesen der HTWG Konstanz bearbeitet wurde.


2 Wasser- / Feuchteaufnahme durch die Freibewitterung

2.1 Wasseraufnahme bei Putzmörteln

Wasser und Wasserdampf können von Putzmörteln aufgrund von Regen-, Tau- und Spritzwasserbeanspruchung, aber auch durch anhaftenden Schnee, aufgenommen werden. Gerade bei Letzterem wird die hohe Beanspruchung des Putzgefüges unterschätzt. Schnee, der vor dem Putzsystem »lagert« (Abb. 1) oder selbst in großer Höhe »anhaftet« (Abb. 2), kann tagsüber auftauen und kapillar von der Putzoberfläche in den Putzquerschnitt aufgesaugt werden.

Sinken die Temperaturen wieder unter den Nullpunkt, führt die Porenfüllung mit Wasser beim Gefrieren zu hohen Drücken, die von den vergleichsweise geringfesten Putzen nicht ohne Gefügebeeinträchtigungen aufgenommen werden können. Während Sockelputze bezüglich ihrer Zusammensetzung und Mörteleigenschaften für diese Beanspruchungen ausgelegt sind, kann dies bei Fassadenputzen zu Schäden bis zum vollständigen Versagen führen (Abb. 3).

Wie viel und wie schnell das Wasser vom Putzmörtel aufgenommen wird, hängt von dessen Porenarten, Porenanteil, Porengrößen und Porengrößenverteilung ab sowie von der Beeinflussung der Wasseraufnahme durch Zusatzmittel, u.a. Hydrophobierungsmittel, ab. Darüber hinaus ist entscheidend, ob das Wasser von den Poren »nur« kapillar aufgesaugt wird oder bei Schlagregen oder zeitweise stauendem Wasser auch in die Poren »gedrückt« werden kann.

Das heißt, bezüglich der Dauerhaftigkeit von Putzen bei Freibewitterung spielt es nicht nur eine Rolle, wie viel Wasser der Putz kapillar aufnimmt und wie schnell er dieses wieder abgibt, sondern auch, wie viel Wasser insgesamt aufgenommen wird. Abb. 4 zeigt einen Vergleich von kapillarer und Gesamtwasseraufnahme von 12 systematisch untersuchten handelsüblichen Leicht- und Normalputzen, wobei der schraffierte Balken links jeweils die Gesamtwasseraufnahme in % und der schwarze, rechte Balken die kapillare Wasseraufnahme des gleichen Putzmörtels in m2√h darstellt.

Es zeigte sich, dass selbst die als wasserabweisend einzustufenden Putze (w-Werte bis 0,5 m2√h und kurz darüber, d.h. hier die Putze A, B, G, H und J sowie D, I und S) zum Teil hohe Gesamtwasseraufnahmewerte (WA) aufweisen und große Unterschiede in der Gesamtwasseraufnahme aufweisen können. Als Vergleich dazu z.B. Putz A mit 4,2% WA bei einem w-Wert von 0,2 m2√h mit Putz J mit 10,8% WA bei eine w-Wert von 0,4 m2√h.

Das ist nicht nur mit der erhöhten Porosität von Leichtputzen gegenüber Normalputzen zu erklären, sondern auch mit der unterschiedlichen Ausbildung der Porenhydrophobie durch unterschiedliche wasserabweisende Zusätze der Hersteller. Der Vergleich mit den untersuchten Sockelputzen zeigt, dass hier geringere Gesamtwasseraufnahmewerte vorliegen (Abb. 5). Sockelputze sind wegen der erhöhten Anforderungen u.a. durch Spritzwasser anders zusammengesetzt.


Den ganzen Beitrag können Sie in der April-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
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