Abb. 1: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG 2020) fordert nun auch die Angabe der Treibhausgasemission im Energieausweis für Wohn- und Nichtwohngebäude (© Foto: Muster für Energieausweis nach GEG 2020, Bundesanzeiger Verlag)

Melita Tuschinski


Neue, klimarelevante Wege zur Energieeffizienz im Baubereich

Zur Innovationsklausel des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)


Das GEG eröffnet mit seiner neuen, befristeten Innovationsklausel eine alternative Option für Bauherren und Eigentümer, die Ziele des Gesetzes für die Energieeffizienz zu erreichen. Der Beitrag erläutert die aktuellen GEG-Vorgaben, die geforderten Nachweise und eröffnet den Ausblick auf weitere Perspektiven.


Neubauten nach GEG werden als »Niedrigstenergiegebäude« geplant und errichtet. Werden Bestandsbauten saniert oder erweitert, gelten die energetischen Anforderungen des Gesetzes. Als Maßstab für die Energieeffizienz gelten der Jahresprimärenergiebedarf für die Anlagentechnik, der Wärmeschutz, die Dichtheit der Gebäudehülle usw. Doch bis 2045 sollen alle Gebäude hierzulande klimaneutral gestaltet sein, d.h. die Umwelt nicht mehr mit Treibhaus- bzw. Heizungsabgasen belasten.

Das GEG eröffnet mit seiner neuen, zeitlich befristeten Innovationsklausel eine alternative Option für Bauherren und Eigentümer, die Ziele des Gesetzes zu erreichen: Auf Antrag können sie die Chance nutzen, die gesetzlichen Anforderungen bereits heute anhand der berechneten Treibhausgasemissionen ihres Gebäudes zu erfüllen und nachzuweisen. Nachfolgend werden die aktuellen GEG-Vorgaben mit den geforderten Nachweisen erörtert.


1. Klimafreundliche Gebäude

Umweltschädliche Heizungsabgase von Gebäuden kennen keine Ländergrenzen. Dies erkannten die Gremien der Europäischen Gemeinschaft bereits in den 1980er-Jahren und setzten die Lösung dieses dringenden Problems auf ihre Agenda. Als erster Schritt wurde angestrebt, Energie einzusparen – englisch: »to save«. Das SAVE-Programm sah demzufolge »die Förderung der Energieeffizienz in der Gemeinschaft« vor.

Die erste EU-Richtlinie vom 21.05.1992 zielte auf die Effizienz der Heizungen in Gebäuden. Sie hatte »die Wirkungsgrade von mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickten neuen Warmwasserheizkesseln« im Visier. Doch bereits die zweite EU-Richtlinie vom 13.09.1993 setzte sich zum Ziel, die Emissionen von Kohlendioxid durch eine effizientere Energienutzung zu begrenzen.


EU-Richtlinie für Gebäude

Am 16.12.2002 nahm die erste EU-Richtlinie die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden unter die Lupe. Zu den auslösenden Gründen zählte auch die Erkenntnis, dass »… Mineralöl, Erdgas und feste Brennstoffe, die wichtige Energiequellen darstellen, aber auch die größten Verursacher von Kohlendioxid­emissionen sind«. Diese Richtlinie war und ist auch heute noch unter Bausachverständigen unter ihrer englischen Abkürzung bekannt: EPBD (Energy Performance of Buildings Directive).

Inzwischen haben die EU-Gremien die Gebäude-Richtlinie zweimal novelliert – 2010 und 2018. Im Herbst 2021 stellten sie den Entwurf für die nächste EPBD-Novelle vor. Dieser unterstützt ihre Vision, bis 2050 einen emissionsfreien Gebäudebestand zu erreichen. Der Entwurf ist Teil des Arbeitsprogrammpakets »Fit für 55«. Zur Erklärung des Titels: Die Netto-Treibhausgasemissionen müssten – im Vergleich zu 1990 – bis 2030 mindestens 55 % sinken. Bisher waren nur 40 % weniger angestrebt.

Die Europäische Kommission will dafür den Einsatz erneuerbarer Energien in den Mitgliedsländern verstärken. Die EPBD-Richtlinie wertet die EU-Kommission als ein zentrales gesetzliches Instrument, um die Ziele einer EU-weiten Dekarbonisierung des Baubestands für 2030 und 2050 zu erreichen. Im Originaldokument heißt es »zero-emission building stock«. Mit anderen Worten: Die Treibhausgasemissionen durch bestehende und neue Gebäude sollen bis zum Jahr 2050 auf null sinken.


Kennwerte der Energieeffizienz von Bauten

Vor dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) setzten in Deutschland das Energieeinsparungsgesetz (EnEG 2013) und die Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) die Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie um. Seit dem 01.11.2020 hat das GEG diese drei parallel laufenden Regelungen abgelöst. Erinnern wir uns, dass die EPBD von Anfang an die »Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden« im Blick hatte. Die letzte EnEV-Fassung nutzte als Maßstab für die Energieeffizienz folgende Kennwerte des Gebäudes, die auch im Energieausweis nach GEG dokumentiert sind:

  1. jährlicher Bedarf an Endenergie und Primärenergie für die Anlagentechnik zum Heizen, Wassererwärmen, Lüften, Klimatisieren, Automation und bei Nichtwohngebäuden auch für die eingebaute Beleuchtung, bezogen auf die Nutzfläche bei Wohnbauten und auf die Nettogrundfläche bei Nichtwohnbauten,
  2. Wärmeschutz und Luftdichtheit der Gebäudehülle, 
  3. sommerlicher Wärmeschutz,
  4. Nutzung erneuerbarer Energien.


Neu im GEG ist der Kennwert für die Klimaeffizienz des Gebäudes durch die Angabe seiner jährlichen Treibhausgasemissionen, gemessen in Kilogramm Kohlendioxid-Äquivalent pro Quadratmeter Bezugsfläche [kg CO2-Äquivalent/(m2·a)]. Die Bezugsflächen sind die bereits weiter oben genannten.

In Anlage 9 (Umrechnung in Treibhausgasemissionen) regelt das Gesetz, wie Bausachverständige diese Werte anhand der ermittelten Energiekennwerte des Gebäudes und der angegebenen Emissionsfaktoren der eingesetzten Energieträger berechnen.

Doch das neue Gesetzberechnenberechnen – genau wie die bisherige EnEV – formuliert die energetischen Anforderungen anhand der aufgezählten Kennwerte. Die Treibhausgasemission, als Kennwert für die Klimarelevanz des Gebäudes, spielt nur »probeweise« in der zeitlich befristeten Innovationsklausel die Rolle eines Maßstabs für die Erreichung der gesetzlichen Vorgaben. Doch dazu mehr im weiteren Verlauf dieses Beitrags.


Klimaeffizienz von Gebäuden

Doch wenn das GEG nun auch die Angaben zur Treibhausgasemission des Gebäudes im Energieausweis fordert, so bezieht sich das Gesetz lediglich auf den Energiebedarf oder -verbrauch für den Betrieb des Gebäudes. Es ist die Energie zum Heizen, Wassererwärmen, Lüften, Automation usw. Dies entspricht den bisherigen und aktuellen EU-Vorgaben für energieeffiziente Gebäude.

Doch der neue Entwurf der europäischen Gremien für die kommende Richtlinien-Novelle eröffnet in der einleitenden Begründung den Ausblick auf künftige Vorgaben: »Gebäude sind vor, während und nach ihrer Betriebsdauer für Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Vision 2050 für einen dekarbonisierten Gebäudebestand geht über den derzeitigen Fokus auf betriebliche Treibhausgasemissionen hinaus. Die Emissionen von Gebäuden über den gesamten Lebenszyklus sollten daher schrittweise berücksichtigt werden, beginnend mit Neubauten. Gebäude sind eine bedeutende Materialbank, die über viele Jahrzehnte hinweg Lagerstätten für Ressourcen sind, und die Gestaltungsmöglichkeiten haben großen Einfluss auf die gesamten Lebenszyklusemissionen sowohl bei Neubauten als auch bei Renovierungen. Die Gesamtlebenszyklusleistung von Gebäuden sollte nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei Renovierungen berücksichtigt werden, indem Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus in die Gebäuderenovierungspläne der Mitgliedstaaten aufgenommen werden.« 

So viel zur neuesten EU-Vision. So weit sind weder die aktuell noch geltende EU-Richtlinie 2018 noch unser GEG 2020. Vorläufig eröffnet die Innovationsklausel des GEG – zeitlich befristet – alternative Wege, die erlauben, die Umweltschädlichkeit von Gebäuden zu senken und nachzuweisen.


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