Abb. 1: FlyingSpace-Haus (Quelle: SchwörerHaus KG)

Martin Schauer, Jan Thiele


Forderung nach Fundamenterder unberechtigt

Bundesnetzagentur veröffentlicht Stellungnahme zur DIN 18014


Noch immer fordern nahezu alle Netzbetreiber in den Technischen Anschlussbedingungen (TAB), die gleichzeitig auch deren Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, für neue Gebäude, die an das Niederspannungsnetz angeschlossen werden, die Errichtung eines Fundamenterders nach DIN 18014. Diese »verordnungsartige« Festlegung auf nur eine Ausführungsvariante unter vielen anerkannten Regeln der Technik zu Erdungsanlagen ist seit Jahren umstritten.

Jetzt hat die Bundesnetzagentur aufgrund der Aufforderung eines Unternehmens eingegriffen und den Weg aufgezeigt, um auch andere Erdungsformen als Alternative zur DIN 18014 umzusetzen. Die Autoren stellen in diesem Fachbeitrag die technischen Aspekte dieses Paradigmenwechsels vor und geben Antworten auf rechtliche Fragen, die im Zusammenhang mit der Veröffentlichung durch die Bundesnetzagentur stehen.

Hintergrund ist folgender: Das Unternehmen SchwörerHaus KG aus Hohenstein hat sich auf Basis eines Sachverständigengutachtens (Autor Schauer) zur Gleichwertigkeit von Erdungsanlagen durch seinen Rechtsanwalt (Autor Thiele) an die Bundesnetzagentur gewandt. Gegenstand des Mandats war der Antrag, es den ca. 800 bis 900 Netzbetreibern in Deutschland zu untersagen, für neue Gebäude weiterhin einen Fundamenterder nach DIN 18014 zu fordern.

Konkret geht es dabei um die Errichtung von »FlyingSpaces«, Minihäusern bzw. Wohnmodulen des Herstellers (s. Abb. 1). Bei diesen tritt der bei Anwendung der DIN 18014 entstehende Konflikt am deutlichsten zutage, wenn zum einen aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten ein schonender Eingriff in den Baugrund beabsichtigt ist, der Netzbetreiber zum anderen aber einen Fundamenterder fordert, der einen massiven und regelmäßig kostenintensiven Eingriff in den Baugrund zur Folge hat.

Die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur hat daraufhin mit Schreiben vom 19.08.2020 deutlich Position bezogen und der SchwörerHaus KG die Anwendung alternativer Erdungsvarianten wie folgt eröffnet:

[...] »Ich komme zurück auf Ihr Schreiben vom 06.08.2020, in dem Sie die Beschlusskammer u.a. bitten, einen auf § 65 Abs. 1 EnWG gestützten Hinweis in Bezug auf vom Fundamenterder abweichende Erdungsformen zu veröffentlichen. Ich kann Ihnen mitteilen, dass der VDE/FNN am 18.08.2020 auf seiner Homepage in den FAQ1 den Hinweis aufgenommen hat, dass von »[...] der Anforderung zur Errichtung eines Fundamenterders nach VDE-AR-N 4100:2019-04 Abschnitt 11 [...] in begründeten Einzelfällen abgewichen werden [kann], wenn dies zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer, z.B. unter Verweis auf DIN 18015-1:2020-05 Abschnitt 7, vereinbart wird.« Aus Sicht der Beschlusskammer ist mit diesem Hinweis in Verbindung mit der im Mai 2020 veröffentlichten DIN 18015 der Grundstein für die Verwendung anderer Erdungsformen gelegt. Ich gehe aktuell davon aus, dass Ihre Mandantin mit dem Hinweis des VDE/FNN gepaart mit dem vorgelegten Gutachten zur Gleichwertigkeit mit vertretbarem Aufwand einen Netzanschluss erlangen kann. Dieser Aufwand wird sich wahrscheinlich nochmals mit der – nach aktueller Planung – im Dezember zu veröffentlichenden Konsultationsfassung der DIN 18014 verringern. […] Sollte es wider Erwarten in der Praxis dennoch zu erheblichen Problemen beim Netzanschluss kommen, so können Sie gerne nochmals auf uns zukommen. In begründeten Fällen besteht immer noch die Möglichkeit, ein Moderationsgespräch unter BeschlusskammerbeteiIigung – auch zur Abwendung eines etwaigen Verfahrens nach § 31 EnWG – zu führen.« [Hinweis der Autoren: Veröffentlichung des VDE/FNN und Hervorhebung nicht im Original]


Anhand der Antwort der Bundesnetzagentur sollen nachfolgend verschiedene Fragen betrachtet werden, die sich nicht nur in diesem Einzelfall, sondern auch generell stellen.

1. Welche Aufsichtsmaßnahmen kann die Bundesnetzagentur ergreifen und was ist ein Missbrauchsverfahren?

In Deutschland nimmt die Bundesnetzagentur mit Sitz in Bonn als Regulierungsbehörde in den Bereichen Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post unterschiedliche Aufgaben wahr. So regelt sie zum Beispiel im Bereich Energie als Wettbewerbsbehörde die Öffnung der Netze für neue Anbieter und sichert den Wettbewerb.

Gleichzeitig ist die Bundesnetzagentur Ansprechpartner für Verbraucherfragen. Dabei geht es unter anderem auch um »die Ausgestaltung der Bedingungen, zu denen Strom- und Gasanbieter die Netze zur Belieferung ihrer Kunden nutzen können und die Regelung der Entgelte, die hierfür verlangt werden dürfen. Hierbei legt die Bundesnetzagentur ein besonderes Augenmerk darauf, dass die Netzbetreiber die großen Aufgaben der Energiewende meistern können, ohne dabei Verbraucherinnen und Verbraucher finanziell übermäßig zu belasten.«


a) Aufsichtsmaßnahmen der Bundesnetzagentur

Um diese Aufgaben angemessen erfüllen zu können, ist die Bundesnetzagentur durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet. So kann sie gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 und 2 EnWG im Wege sogenannter Aufsichtsmaßnahmen »Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten [...], ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen dieses Gesetzes sowie den auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsvorschriften entgegensteht. Sie kann hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind.«

Kommt ein Unternehmen oder eine Vereinigung von Unternehmen seinen Verpflichtungen nach dem EnWG oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht nach, so kann die Bundesnetzagentur gem. § 65 Abs. 2 EnWG die Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen anordnen.

Adressat dieser Verfügung sind Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen, wobei in der Praxis der Unterscheidung zwischen diesen beiden Begriffen keine große Bedeutung zukommt. Adressaten sind hiernach also auch die Netzbetreiber, da es sich um Unternehmen im Sinne des EnWG handelt (vgl. § 3 Ziff. 27 EnWG). Zudem wird das Verfahren zum Erlass von Aufsichtsmaßnahmen gem. § 66 Abs. 1 und 2 EnWG entweder von Amts wegen, d.h. durch die Bundesnetzagentur selbst, oder auf Antrag eines Dritten eingeleitet.

Da im Übrigen § 66 Abs. 2 EnWG keine weiteren Kriterien enthält, sind an den an die Bundesnetzagentur gerichteten Antrag eines beschwerten Dritten keine weiteren Voraussetzungen, wie etwa die Zulässigkeit des Antrags inklusive Antragsbefugnis, zu stellen. Anders gesagt kann »jedermann«, der eine Rechtsverletzung durch einen Netzbetreiber sieht, einen Antrag nach § 65 EnWG an die Bundesnetzagentur richten.


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