BauSV 4/2021

Entkopplungsschichten und Armierungsputze
Abb. 1: Detailbereich Ziegelmauerwerk/Fenstersturz mit offener Fuge und teils fehlender Lagerverfugung. Das sind Unregelmäßigkeiten, die Kerbspannungen zur Folge haben können.

Helmut Künzel


Entkopplungsschichten und Armierungsputze


Die Bezeichnungen »Entkopplungsschichten« und »Armierungsputze« werden oft im Zusammenhang mit der Vermeidung von Putzrissen verwendet. Wie ist deren Wirksamkeit und wann ist welche Maßnahme zweckmäßig? Das wird in der Putznorm DIN 18550-1 von 2018 nicht richtig dargestellt, wie im Folgenden ausgeführt wird.

Text in der Norm 

In DIN 18550-1, 2018 [7] ist unter Punkt 6.17 zu lesen: »Bei einem Armierungsputz mit vollflächiger Gewebeeinlage wird der Oberputz von Spannungen aus dem Untergrund (d.h. aus Wandbaustoff und Unterputz) entkoppelt«. Das ist eine missverständliche und irreführende Formulierung. In Wirklichkeit ist der Unterputz die entkoppelnde Schicht, welche den Oberputz von Spannungen aus dem Mauerwerk weitgehend freihält.

Der Oberputz ist Teil der sichtbaren Gebäudefassade, in dem Risse wegen möglicher Feuchteschäden zu vermeiden sind. In der Entwicklung der Putztechnologie gibt es noch andere Irrtümer. Es geht eben hier – wie in manch anderen Fällen – nach dem Prinzip »trial and error«.


Entkopplungsschichten

Im Folgenden wird die Entwicklung des Mauerwerks beschrieben, die von der Putzregel »weich auf hart« zur Putzregel »entkoppeln« führt.


Vollsteinmauerwerk

Das frühere Mauerwerk – etwa in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg – aus kleinformatigen Mauersteinen im Läufer-Binder-Verband aufgebaut bei voller Vermörtelung der Fugen, war wesentlich stabiler als heutige Mauern aus ein Stein dicken Blocksteinen. Die Bindersteine in jeder zweiten Steinlage hielten gewissermaßen die Läufersteine zusammen. Ein solches Mauerwerk kann man deshalb fast als monolithisch bezeichnen.

Außerdem war es wegen des geringen Unterschieds der Wärmeleitfähigkeit von Steinen und Mörtel in thermischer Hinsicht praktisch homogen, es wurden keine nachteiligen Spannungen auf den Außenputz übertragen. Schäden waren deshalb vorwiegend von dem Putz selbst ausgegangen. Wahrscheinlich ist darauf auch der zweilagige Aufbau des Putzes zurückzuführen.

Der im Mittel etwa 15 mm dicke Unterputz diente vorwiegend zum Ausgleich von Unebenheiten des Rohmauerwerks, auf den nach einer gewissen Zeit der etwa 5 mm dicke Oberputz folgte. Wenn im Unterputz Schrumpfrisse aufgetreten sind, konnten diese durch den Oberputz dauerhaft überdeckt werden. Als Bindemittel wurde früher hauptsächlich Sumpfkalk oder Sackkalk verwendet.

Um das Härten des Unterputzes zu beschleunigen, wurde dem Mörtel ein hydraulisches Bindemittel zugegeben. So liest man in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1929 von Adolf Winkler, der sich in seinem Büchlein [1] als »Wanderfachlehrer für das deutsche Stuck­gewerbe« tituliert, »dass der Unterputz etwas härter sein soll als der Oberputz«. Und der Architekturprofessor Dr. Siedler aus Berlin schreibt 1932 das Gleiche wie Winkler mit dem Nachsatz »man fördert dadurch die Arbeit des Putzers« [2].

Man bedenke, dass früher die Putzmischungen auf der Baustelle hergestellt und die Komponenten mit der Schaufel zugemessen worden sind. Da konnten unterschiedliche Putzmischungen im Bereich einer Fassadenfläche verwendet worden sein (z.B. unterschiedliche Schaufelmenge bei nassem oder trockenem Sand), die unterschiedliche Trocknung, Schrumpfung und Erhärtung zur Folge haben konnten. Wenn der Putz in heutiger Weise mit Werkmörtel hergestellt wird, dürfte die Putzzusammensetzung als Schadensursache entfallen. 


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