BauSV 2/2023


Top-Thema


Franziska Pina


Die Haftung des privaten Gutachters


Immer wieder kommt es vor, dass sich Sachverständige mit Haftungsfragen konfrontiert sehen, welche sich aus dem Vorwurf der Unrichtigkeit eines angefertigten Gutachtens ergeben. Diesen Vorwurf erheben in der Praxis häufig Auftraggeber, die im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens durch Klage einen Zivilprozess eröffnet haben, in dem sich dann herausstellt, dass das angefertigte Gutachten fehlerhaft ist.

Solche außergerichtlichen Gutachten bzw. private Gutachten sind stets von gerichtlich angeordneten Gutachten zu unterscheiden, insbesondere hinsichtlich Haftungsfragen. Der gerichtliche Sachverständige haftet nämlich für Fehler in Gutachten gemäß § 839a BGB nur, wenn diese auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruhen, während der private Sachverständige jede noch so kleine Fahrlässigkeit zu vertreten hat.


1. Vertragliche Haftung des Sachverständigen gegenüber dem Auftraggeber

Sofern ein Sachverständiger mit der Erstellung eines Privatgutachtens beauftragt wurde, kommt zunächst eine vertragliche Haftung des Sachverständigen nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB gegenüber seinem Auftraggeber in Betracht. Diese verlangt eine Verletzung einer vertraglichen Pflicht, welche der Sachverständige zudem zu vertreten haben muss.

Als Hauptleistungspflicht schuldet der private Sachverständige die Erstellung eines fehlerfreien und vollständigen Gutachtens. Daraus ergibt sich, dass der Sachverständige einen Erfolg schuldet, wodurch es sich beim Sachverständigenvertrag um einen Werkvertrag handelt. Das Gutachten ist nach dem Werkvertragsrecht dann fehlerfrei, wenn gemäß § 633 Abs. 1 BGB kein Sach- bzw. Rechtsmangel vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn das Gutachten die vereinbarte Beschaffenheit hat.

Je genauer diese Beschaffenheit vereinbart wurde, desto konkreter kann am Ende geprüft werden, ob das erstellte Gutachten diese Beschaffenheit aufweist. Sollten die Parteien die Beschaffenheit nicht genau vereinbart haben, greifen die Auffangvorschriften des § 633 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach das Werk mangelfrei ist, (Nr. 1) wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst (Nr. 2) für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.

Aus diesem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich bereits, dass eine genaue Beschreibung bzw. Definition des Gegenstands des Gutachtens im Vertrag vereinbart werden sollte, um Unsicherheiten auszumerzen und damit bereits eine erste Haftungsbeschränkung zu generieren.

Hinzu kommt, dass der Sachverständige nur dann haftet, wenn er die Mangelhaftigkeit des Gutachtens auch zu vertreten hat. Der Jurist spricht an dieser Stelle vom »Verschulden«. Verschulden meint das objektiv rechtswidrige bzw. pflichtwidrige Verhalten einer Person, wozu sowohl vorsätzliches Verhalten als auch fahrlässiges Verhalten zählt. Die untere Grenze des Verschuldens ist bereits überschritten, wenn der Sachverständige die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

Anhand dieser Grenze zeigt sich, dass es eines Sorgfaltsmaßstabs bedarf, woran die »erforderliche Sorgfalt« gemessen werden kann. Dieser Sorgfaltsmaßstab orientiert sich an den von Sachverständigen allgemein zu beachtenden Grundsätze für die Gutachtenerstellung, welche im öffentlichen Recht und im Satzungsrecht öffentlich-rechtlicher Körperschaften näher geregelt sind, durch die Sachverständige öffentlich bestellt und vereidigt werden.

Es gibt damit einen eigenen Sorgfaltsmaßstab für den Berufsstand der Sachverständigen, der sich nach dem jeweiligen Fachgebiet unterscheiden kann. Es ist auf den Sorgfaltsmaßstab abzustellen, der von einem durchschnittlichen und verständigen Sachverständigen der gleichen Fachrichtung hätte erwartet werden können. Sofern der Sachverständige zur Erstellung des Gutachtens Hilfspersonen einsetzt, wird ihm deren Verschulden wie eigenes Verschulden zugerechnet, wodurch es zur Haftung für sogenannte Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB kommen kann.

Darüber hinaus muss dem Auftraggeber überhaupt ein adäquat kausaler Schaden durch die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens entstanden sein. Dies ist dann der Fall, sofern dem Auftraggeber aufgrund des mangelhaften Gutachtens tatsächlich ein Schaden entstanden ist, wobei ein Schaden jegliche unfreiwillige Rechts- oder Vermögenseinbuße ist. Der Auftraggeber muss also durch eine Vermögensverfügung oder andere Handlung, welche er im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens getätigt hat, wirtschaftlich schlechter stehen als vor der Verfügung oder Handlung.

Wichtig hierbei ist, dass zwischen dem Gutachten und der vermögensschädigenden Handlung ein unmittelbarer Zusammenhang vorliegen muss. Generell gelten hier allerdings keine allzu hohen Voraussetzungen, da mit der Beauftragung eines Gutachtens meist ein gewisser Zweck vom Auftraggeber verfolgt wird, was auch dem Sachverständigen klar sein dürfte. Daher besteht bereits eine gewisse Gefahrgeneigtheit bei der Erstellung von Gutachten, welche leicht in einen tatsächlichen Schaden umschlagen kann.


Den ganzen Beitrag können Sie in der April-Ausgabe von »Der Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Einzelheft- und Abo-Bestellung

Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang