BauSV 1/2024


Top-Thema


Jennifer Essig


Der Bauträger und die gescheiterte Abnahme


Der Beitrag zeigt die elementare Bedeutung einer wirksamen Abnahme des Bauwerks durch alle Erwerber auf und gibt insoweit Empfehlungen.


Die Abnahme der Bauleistung ist eine Besonderheit des deutschen Werkvertragsrechts, durch die der Besteller das Werk übernimmt und als »im Wesentlichen« vertragsgerecht billigt. Die allgemeinen Regelungen des Werkvertragsrechts und der dort geregelten Abnahme durch die Erwerber gelten auch für den Bauträger und entfalten zahlreiche Rechtswirkungen, die für den Bauträger nicht nur günstig, sondern auch extrem wichtig sind:

  • Der Vergütungsanspruch wird fällig,
  • die Leistungs- und Vergütungsgefahr gehen auf den Erwerber über,
  • die Beweislast für Mängelansprüche trifft nun den Erwerber
  • und vor allem: die Verjährung für Mängelansprüche.

Was so einfach klingt, führt in der (Bauträger-)Praxis jedoch leider allzu oft zu ganz erheblichen Problemen, wenn der Bauträger nicht sorgfältig drauf achtet, von allen Erwerbern entsprechende Abnahmeerklärungen zu erhalten. Welche erheblichen und vor allem auch wirtschaftlich durchaus bedeutsamen Auswirkungen fehlende oder unwirksame Abnahmen für den Bauträger haben können, wird nachfolgend verdeutlicht.

Zum Ende eines Bauträgerprojekts steht eher die Beitreibung der noch offenen Kaufpreisraten (nach MaBV) im Fokus des Bauträgers, während die bei größeren Wohnanlagen häufig mühevollen Abnahmen eher stiefmütterlich behandelt werden. Dabei hat der Bauträger leider selten im Blick, dass gerade eine Abnahmewirkung für ihn von ganz zentraler Bedeutung ist, nämlich der Beginn der Verjährung der Mängelrechte.

Insbesondere dann, wenn die überwiegende Zahl der Erwerber ihre Raten »brav bezahlt«, verliert die Abnahme für den Bauträger schnell an Bedeutung, was leider oft fatale Folgen für ihn haben kann. Denn gerade bei den Mängelrechten sieht sich der Bauträger einem gravierenden Problem ausgesetzt, was durch ein aktuelles Urteil des BGH vom 09.11.2023 – VII Z 241/22 – eindrucksvoll belegt wird.

In dem vom BGH entschiedenen Fall datierten die Bauträgerverträge aus den Jahren 2005 und 2006, das Objekt selbst wurde im Jahre 2006 fertiggestellt, bezogen und – vermeintlich – abgenommen. Die Abnahmeregelungen in den notariellen »Bauträgerverträgen« waren jedoch unwirksam, was zur Folge hatte, dass der Bauträger mit einer im Jahre 2020 (!), d.h. rund 14 Jahre nach Fertigstellung, eingereichten Klage wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum haftbar gemacht werden konnte.

Bauträger errichten in der Regel ihre Projekte nicht selbst, sondern beauftragen die Bauleistungen an Dritte – bei kleineren Projekten häufig in Einzelvergaben, bei größeren Projekten kommen versierte Generalunternehmer zum Einsatz. Insbesondere bei der Einzelvergabe besteht die Problematik, dass die einzelnen Gewerke zu einem viel früheren Zeitpunkt, als es der Bauträger von den Erwerbern verlangen kann, die Abnahme ihrer jeweiligen Leistungen verlangen können und der Bauträger als Besteller der Werkleistungen gemäß § 640 Abs. 1 BGB seinerseits auch verpflichtet ist, das vertragsgemäß hergestellte Werk abzunehmen.

Bei der Beauftragung von Generalunternehmern ist die Situation diesbezüglich etwas günstiger für den Bauträger. Auch hier steht der Bauträger jedoch vor dem Problem, dass er gegenüber einzelnen Erwerbern deutlich länger in der Gewährleistung stehen kann, als der Generalunternehmer dem Bauträger gegenüber für Mängel haftet. Das kann dazu führen, dass der Bauträger für Mängel, die eigentlich vom Generalunternehmer zu verantworten sind, gegenüber den Erwerbern noch haftet, ohne den Generalunternehmer noch in Regress nehmen zu können.

Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass dann, wenn Mängel am Gemeinschaftseigentum betroffen sind, der Erwerber nicht etwa auf seinen Miteigentumsanteil beschränkt ist, sondern die vollständige Mangelbeseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum verlangen kann. Im Regelfall werden die Mängelrechte von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) ausgeübt, die dann ebenfalls nicht auf einen entsprechenden Miteigentumsanteil beschränkt ist.

Auch bei größeren Anlagen mit vielen Erwerbern genügt es, wenn nur ein einziger Erwerber noch unverjährte Mängelrechte geltend machen kann. Klagt die GdWE in Prozessstandschaft für sämtliche Wohnungseigentümer, ist es sogar ausreichend, wenn nur noch ein einziger der Eigentümer unverjährte Gewährleistungsansprüche hat.

In dieser Ausgangssituation verwundert es nicht, dass Bauträger sich vielfach bemüht haben und immer noch bemühen, möglichst frühzeitig eine Abnahme von den Erwerbern zu erlangen. Dabei kam und kommt es immer wieder zu Vertragskonstruktionen, die gegen das AGB-Recht verstoßen und daher nichtig sind, was regelmäßig dazu führt, dass der Erwerber die Abnahme entweder verweigert oder aber – und das ist wesentlich gefährlicher – nur vermeintlich eine wirksame Abnahme eines Erwerbers vorliegt, in Wahrheit aber eine Abnahme gerade nicht erfolgt ist.

Dies kann wirtschaftlich für den Bauträger verheerende Folgen haben, da der Bauträger viele Jahre nach dem – vermeintlichen – Ablauf der Gewährleistung von fünf Jahren noch erfolgreich in Anspruch genommen werden kann. In unserer Praxis haben wir Fälle, in denen über zehn Jahre nach (vermeintlichem) Ablauf der Gewährleistung – also 15 Jahre nach Bezug durch den Erwerber – der Bauträger noch erfolgreich in die Haftung genommen werden konnte.


Den ganzen Beitrag können Sie in der Februar-Ausgabe von »Der Bausachverständige« lesen.
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