chloridinduzierte Korrosion
Abb. 5: Lochfraßkorrosion nach ca. 40 Jahren

Klaus Schöppel, Gerhard Stenzel


Auswirkung der chloridinduzierten Korrosion auf die Tragfähigkeit und Standsicherheit von Bauwerken in der Praxis


Die Planung und Ausführung eines chloridbelasteten Bauwerks ist auf eine Mindestnutzungsdauer von 50 Jahren auszulegen und dies ist insbesondere auch bei der Abnahme zu beachten. Das bedeutet, dass der Planer bzw. die Bauüberwachung (welche z.B. dem Bauherrn die Abnahmefähigkeit bescheinigt bzw. die Abnahme empfiehlt) wissen sollten, wie sich eine Tausalzbelastung auf das Bauteil bzw. Bauwerk auswirkt und welche Instandhaltungsmaßnahmen in den nächsten 50 Jahren erforderlich sind, um die angestrebte Mindestnutzungsdauer zielsicher zu erreichen.

Um dies bewerten zu können, müssen der Planer bzw. die Bauüberwachung über Kenntnisse zum Einfluss der chloridinduzierten Korrosion auf die Tragfähigkeit des zu begutachtenden Systems verfügen. Nachfolgend werden anhand von Praxisbeispielen die chloridinduzierte Korrosion von Baugliedern nach einer Nutzungsdauer von 10 bis 50 Jahren und deren Auswirkung auf den Querschnittsverlust der Bewehrungsstäbe dargestellt.


1. Einleitung

Seit Einführung des Konzepts zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit in das Normenwerk im Jahr 2001 ist im Allgemeinen eine Mindestnutzungsdauer von 50 Jahren für übliche Bauwerke des Hoch-, Gewerbe- und Industriebaus zu gewährleisten. Die Folgen dieser Forderung in technischer Hinsicht sind manchen Beteiligten (Planer, Ausführende, Juristen) auch nach fast 20 Jahren noch nicht geläufig und / oder sie wollen sich damit nicht auseinandersetzen.

Die Gewährleis­tung hinsichtlich der Planung und Ausführung des Bauwerks ist üblicherweise auf fünf Jahre begrenzt. Daraus ergibt sich für den Bauherrn / Käufer die Frage nach der Sinnhaftigkeit der normgemäßen Forderung bzw. Zusicherung einer 50-jährigen Mindestnutzungsdauer bei einer auf fünf Jahre befristeten Gewährleistung. Hierbei ist zu bedenken, dass bei tausalzbelasteten Bauteilen die meisten Schäden infolge chloridinduzierter Korrosion in der Regel erst nach einer Nutzungsdauer von 15 Jahren und später augenscheinlich erkennbar werden.

Nach 15 Jahren ist die Gewährleistung jedoch schon lange abgelaufen. Wie die Praxis zeigt, können diese Schäden jedoch gravierend sein und hohe Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungskosten bedingen.

Aufgrund dieser Sachlage ergibt sich die Situation, dass z.B. bei einer Abnahmeempfehlung bzw. der Begutachtung der Baumaßnahme vor Ablauf der Gewährleistung oder der Feststellung im Rechtsstreit die Risiken der geplanten und ausgeführten Bauweise fiktiv in die Zukunft (50 Jahre bzw. 45 Jahre) abgeschätzt werden müssen. Das bedeutet letztendlich, dass dem beauftragten Sachverständigen bekannt sein muss, welches Schadenspotenzial vorliegt, welche Beanspruchungen auf das Bauteil bzw. Bauwerk einwirken und in welcher Weise diese Beanspruchungen die Tragfähigkeit und Nutzungsdauer des Bauwerks in den nächsten 50 Jahren beeinflussen.

Weiterhin müssen auch die objektspezifisch, für das gewählte Instandhaltungskonzept erforderlichen, schriftlich dokumentierten Instandhaltungsmaßnahmen beurteilt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen erheblich von der technischen Wertigkeit des zu beurteilenden Neubaus abhängig sind (vgl. Abb. 3).

Häufig wird in den Kaufverträgen darauf hingewiesen, dass ein Wartungsvertrag vom Auftraggeber oder Käufer abzuschließen ist. Dieser Hinweis ist sinnlos, wenn die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen nicht in einem Instandhaltungsplan dokumentiert sind. Da die zur Sicherstellung der Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen Teil des Konstruktionsprinzips sind (um die Mindestnutzungsdauer von 50 Jahren zielsicher zu erreichen), müssten diese bereits in der Planungsphase ausgearbeitet werden.

Ohne einen sachgerechten Instandhaltungsplan mit den erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen kann keine Abnahmeempfehlung ausgesprochen werden, da die Instandsetzungsmaßnahmen ein Teil des Konstruktionsprinzips zum Erhalt der vereinbarten Nutzungsdauer sind. Ohne Instandhaltungsplan fehlt das Beurteilungskriterium zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit.

Es ist Aufgabe von Planern und Sachverständigen, sich mit der o.g. Thematik intensiv auseinanderzusetzen. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Beurteilungen der Sachverständigen hinsichtlich der Korrosionsgefährdung und der Auswirkungen der chloridinduzierten Korrosion und somit die Einschätzung der Dauerhaftigkeit z.T. stark differieren können. Letztendlich müssen aus technischer Sicht die Standsicherheit und die Funktionalität des Bauwerks bis zum Ende der Mindestnutzungsdauer gewährleistet sein.


2. Chloridinduzierte Korrosion

Dringt tausalzhaltiges Wasser in den erhärteten Beton ein, so liegt das Chlorid im Porenwasser in gelöster Form vor. Diese Chloride sind in der Lage, die im hochalkalischen Milieu vorhandene Passivschicht des Stahls lokal zu durchbrechen und Korrosion zu erzeugen. Daher tritt Chloridkorrosion am einbetonierten Stahl im Gegensatz zur »carbonatisierungsinduzierten« Korrosion auch dann auf, wenn der Beton nicht carbonatisiert ist (pH > 12).

Das Schadensbild der »chloridinduzierten« Korrosion äußert sich in der Regel in einer örtlich sehr stark konzentrierten Eisenauflösung. Die Korrosionsprodukte sind im Allgemeinen schwarz-bläulich gefärbt. Je nach Ausbildung der Korrosionsnarben spricht man von Lochfraßkorrosion (vgl. Abb. 4 und 5) oder, wenn mehrere Lochfraßnarben zusammenwachsen, auch von Muldenfraßkorrosion (vgl. Abb. 6).


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