Abb. 4: Streuströme über die Erdungsan¬lagen im TN-System

Martin Schauer


»Außerparlamentarische« Normenarbeit durch ö.b.u.v. Sachverständige am Beispiel der DIN 18014


»Rettet die Wahrheit« ist der Titel eines bemerkenswerten Buches des ehemaligen ZDF-Fernsehmoderators Dr. Claus Kleber. Sein Buch ist ein flammendes Plädoyer für die Unabhängigkeit der Medien [1]. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den Aufgaben und Arbeitsmethoden von Journalisten – insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Medien – und den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen?


Die Arbeit und Rolle der Sachverständigen im Gerichtsprozess und in der Wirtschaft hat sich in den letzten Jahrhunderten fortwährend verändert. Von den ersten Erwähnungen in den Keilschriften der Sumerer über die Schaumeister der Handwerkszünfte zur Gewerbeordnung von 1873 mit allgemeiner Zuständigkeit der Industrie- und Handelskammern zur Bestellung von Sachverständigen und schließlich der Bestellungszuständigkeit der Handwerkskammern seit 1929 hat die Bedeutung der Sachverständigen immer weiter zugenommen [2].

Insbesondere öffentlich bestellte und vereidigte (ö.b.u.v.) Sachverständige spielen im Hinblick auf den Rechtsfrieden eine herausragende Rolle. Dieser Bedeutung und Verantwortung müssen ö.b.u.v. Sachverständige gerecht werden! Müssen Sachverständige auch auf Veränderungen in der Gesellschaft sowie im Umfeld ihrer ausgeübten Tätigkeit reagieren?


Leitbild für Sachverständige

2013 hat der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidig­ter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS) ein verpflichtendes Leitbild für seinen Verband und die in ihm organisierten Mitglieder entwickelt, welches eine Antwort auf diese Fragestellung gibt [3]. So wird die Rolle des BVS-Sachverständigen in der Gesellschaft u.a. wie folgt definiert:

»BVS-Sachverständige sind unabhängig tätige, der Integrität verpflichtete Berufsträger. Sie besitzen auf ihren jeweiligen Sachgebieten überdurchschnittliche Sachkunde sowie fundierte praktische Erfahrungen. BVS-Sachverständige stellen ihr spezialisiertes Expertenwissen der Gesellschaft, u.a. den Behörden, der Justiz, der Politik sowie Unternehmen und privaten Auftraggebern vertrauens- und nutzenstiftend zur Verfügung.

Die Auftraggeber vertrauen den BVS-Sachverständigen und verlassen sich auf deren Kompetenz und Berufsmoral. Die BVS-Sachverständigen rechtfertigen ihrerseits dieses Vertrauen durch die Einhaltung höchster fachlicher Standards und die Selbstverpflichtung auf die ethischen Maßstäbe des BVS.«

Zur Gewissenhaftigkeit wird erklärt:

»BVS-Sachverständige ermitteln die Grundlagen ihrer fachlichen Beurteilungen sorgfältig und begründen die Ergebnisse nachvollziehbar.«


An BVS-Sachverständige werden besondere ethische Maßstäbe gestellt:

»Unabhängigkeit: BVS-Sachverständige treffen fachlich begründete Feststellungen unabhängig von Weisungen Dritter. Im Rahmen ihrer Berufsausübung gehen sie keine Verpflichtungen ein, die dazu führen könnten, ihre Beurteilungen zu beeinflussen oder zu verfälschen.

Unparteilichkeit: BVS-Sachverständige treffen im Rahmen ihrer Berufstätigkeit unvoreingenommen Entscheidungen, ohne bestimmte Personen bzw. Parteien mit ihren jeweiligen Interessen zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Sie bewahren bei der Vorbereitung und Erarbeitung ihrer Gutachten strikte Neutralität.

Wirtschaftliche Unabhängigkeit: BVS-Sachverständige leben in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen. Sie sind weder von ihrer Bestellungskörperschaft noch von ihren Auftraggebern wirtschaftlich abhängig.

Eigenverantwortung: BVS-Sachverständige stehen für die erbrachte Leistung persönlich ein.

Verschwiegenheit: BVS-Sachverständige teilen die bei der Ausübung ihrer Tätigkeit erlangten Kenntnisse ohne ausdrückliche Befugnis zu keinem Zeitpunkt Dritten mit.

Integrität: BVS-Sachverständige verhalten sich integer. Sie handeln in Übereinstimmung mit anerkannten fachlichen Maßstäben und entsprechend ihrer Berufsethik. Sie stehen zu ihrem Wort und sind verlässlich.

BVS-Sachverständige unterlassen alle Handlungen und Äußerungen, die dem Bild des Berufsstands der Sachverständigen in der öffentlichen Wahrnehmung und ihrer Vertrauenswürdigkeit schaden könnten.«


Gewissenhaftigkeit, Selbstverpflichtung auf ethische Maßstäbe und das Versprechen, dass sich die Auftraggeber auf die Kompetenz und Berufsmoral verlassen können, stellen in der komplexen und von technischen Regelwerken überlagerten Sachverständigenarbeit eine extreme Herausforderung dar.

Im Hinblick auf den Titel dieses Beitrags und die Normenarbeit muss das Wort »außerparlamentarisch« dringend in Anführungszeichen gesetzt werden, denn der Begriff »Parlament« vermittelt Folgendes:

  • Die Namen der Abgeordneten sind veröffentlicht und bekannt.
  • Die Abgeordneten sind unabhängig von deren Basis.
  • Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Dies trifft auf Arbeitsgremien im DIN nicht zu! Der Reihe nach.


Ist die Vermutungswirkung zu DIN-Regelwerken noch anwendbar?

Der exzessive Normenumfang sowie der extreme Einfluss von Lobbyisten auf die Normungsarbeit stellen die Vermutungswirkung, dass solche Regelwerke anerkannte Regeln der Technik sind, stark infrage!

Am Beispiel einer elektrotechnischen DIN-Norm kann gezeigt werden, wie ein Vorschriftenwerk, ursprünglich zur Unfallverhütung und zum Schutz für Gesundheit und Leben vorgesehen, zu einem Marketinginstrument und zur Anleitung zum Massenein- und -absatz von Produkten verkommen ist.

In [4] misst der Autor den DIN-Vorschriften eine beschränkte Vermutungswirkung bei, da er davon ausgeht, dass diese gemäß den Normengrundsätzen nach DIN 820-1 erstellt werden. Folgende Aspekte lassen jedoch erhebliche Zweifel aufkommen, dass die Vermutungswirkung bezüglich der DIN-Normen, diese seien anerkannte Regeln der Technik, überhaupt noch angenommen werden kann.


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