DER BAUSV 4/2019


Martin Leuschner


Was sind allgemein anerkannte Regeln der Technik?

Welche Bedeutung haben sie und auf welche Probleme kann man dabei stoßen?


Egal, ob Neubau, Umbau, Modernisierung oder Instandsetzung – bei sämtlichen Baumaßnahmen müssen Bauunternehmen, Handwerksbetriebe, Architekten, Bauingenieure und Sachverständige eine Vielzahl von Gesetzen, Normen und technischen Regelwerken kennen und deren Einhaltung – je nach vertraglicher Verpflichtung – bei Planung, Ausschreibung, Bauüberwachung oder im Rahmen einer Sachverständigenbegutachtung einhalten oder überprüfen. Dabei definieren die sogenannten »(allgemein) anerkannten Regeln der Technik« (a.R.d.T.), welcher (Mindest-)Standard bei Werk-, Bau- oder Architektenverträgen geschuldet wird, sofern es keine konkreten vertraglichen Vereinbarungen gibt.

Begriff der allgemein anerkannten Regeln der Technik

Eine Legaldefinition der a.R.d.T. gibt es nicht. Das BVerwG hat den Begriff folgendermaßen beschrieben: »Anerkannte technische Regeln sind diejenigen Prinzipien und Lösungen, die in der Praxis erprobt und bewährt sind und sich bei der Mehrheit der Praktiker durchgesetzt haben«. Zudem muss eine technische Regel in der Wissenschaft als theoretisch richtig gelten. Es ist damit also stets eine Anerkennung in Theorie und Praxis erforderlich.

Neben dem Terminus der a.R.d.T. gibt es nach der Drei-Stufen-Theorie des BVerfG die Qualitätsstandards »Stand der Technik« und »Stand der Wissenschaft und Technik«, die höhere Standards beschreiben als die a.R.d.T.

Mit dem »Stand der Technik« wird das maximal technisch Machbare beschrieben. Auf eine Bewährung und Durchsetzung in der Praxis kommt es nicht an, weshalb mit dem Begriff regelmäßig höhere technische Anforderungen beschrieben und technische Innovationen schneller aufgegriffen werden können. Der höchste und dynamischste Standard der Drei-Stufen-Theorie ist der »Stand von Wissenschaft und Technik«, bei welchem noch wissenschaftliche Erkenntnisse hinzukommen, die über die technischen Möglichkeiten hinausgehen können und damit die Anforderungen weiter nach oben verschieben. Beide Begriffe werden u.a. im öffentlichen Sicherheitsrecht (z.B. Atomgesetz) angewendet. Die Bauvertragsparteien müssen darauf achten, welchen Qualitätsstandard sie vertraglich vereinbaren wollen, und mit den Begrifflichkeiten sorgsam umgehen.

Maßstab für Mangelfreiheit

Nach § 633 Abs. 2 BGB, der sowohl für den Bauvertrag (§§ 650a ff. BGB) als auch für den Architektenvertrag (§§ 650p ff. BGB) Anwendung findet, ist ein Werk frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Fehlt es an einer Beschaffenheitsvereinbarung, ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es sich für die vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken gleicher Art üblich ist und die der Besteller erwarten kann. Hier wird der Begriff der a.R.d.T. zwar – anders als im ansonsten ähnlich lautenden § 13 Abs. 1 VOB/B – nicht explizit genannt, aber von der Rechtsprechung vorausgesetzt. Insofern kommt der Terminus der a.R.d.T. sowohl beim VOB/B-Vertrag als auch beim BGB-Vertrag zum Tragen.

Was bedeutet das nun für die Praxis? Geht es um Details wie etwa die Art der Dachkonstruktion, die Abdichtung der Gebäudesohle oder den U-Wert einzelner Bauteile, dann werden sich dazu in den Bau- und Architektenverträgen selten konkrete Beschaffenheitsvereinbarungen finden. Auch eine im Vertrag vorausgesetzte Verwendung des Werks lässt sich nur in Einzelfällen durch Vertragsauslegung bestimmen. Somit muss für die Bemessung des vertraglich geschuldeten Sollzustandes häufig auf die Eignung für eine »gewöhnliche Verwendung« und die »übliche Beschaffenheit« abgestellt werden. An dieser Stelle kommen die a.R.d.T. als – stillschweigend vereinbarter – vertraglicher Mindeststandard ins Spiel. Werden diese nicht eingehalten, liegt eine mangelhafte Werkleistung vor und der Auftraggeber kann Gewährleistungsrechte geltend machen, wenn nicht das Abweichen von den a.R.d.T. nach dem Vertrag erlaubt ist.


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