BauSV 4/2021

Schwankende Wassertemperatur – ein Mangel?
Abb. 1: Rohre, Armaturen und Speicherbehälter dürfen nur so viel Trinkwasser enthalten, wie für die Versorgung technisch erforderlich ist

Markus Weißenberger


Schwankende Wassertemperatur – ein Mangel?


Vergangenes Jahr urteilte das Oberlandesgericht Hamburg in einem Verfahren, dass Temperaturschwankungen im Trinkwasserleitungssystem von fünf Kelvin einen Mangel darstellen. Das Urteil hat viele Bausachverständige überrascht und wird in der Branche kontrovers diskutiert. Für die Wertung als Mangel fehlt derzeit sowohl die technische als auch die rechtliche Grundlage.

In der Begründung des Urteils vom 16.07.2020 [1] heißt es, dass »auf Basis der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen […] Temperaturschwankungen von (nur) +/1 °C [sic!] hinnehmbar« seien. Im vorliegenden Fall, bei dem die Endabnahme einzelner Leistungen in einer neu gebauten Eigentumswohnung strittig war, traten insbesondere unter der Dusche und in der Badewanne plötzliche Temperaturschwankungen von bis zu 5 K auf. Dies sei ein Mangel, weil die Temperaturänderungen die Funktion von Dusche und Bad erheblich beeinträchtigten, urteilten die Richter.

Die Begründung wirft formale, technische und rechtliche Fragen auf: Formal ist beispielsweise nicht klar, warum Temperaturschwankungen nur um + 1 °C hinnehmbar sind und nicht näher darauf eingegangen wird, dass die Temperatur auch sinken kann. Vermutlich sollte die Angabe »± 1 °C« lauten und der Fehler ist lediglich orthographischer Natur.

Doch auch unter dieser Annahme bleibt bei der Aussage »Temperaturschwankungen von bis zu 5 K« offen, ob damit Veränderungen von ± 2,5 K oder ± 5,0 K gemeint sind. Wird jedoch von dem Kontext der gesamten Urteilsbegründung und dem Umstand ausgegangen, dass dies Formulierungen von Nichttechnikern sind, scheint sich die erwähnte Temperaturschwankung sich z.B. von 38  °C auf 43 °C und faktisch auf ± 5 K zu beziehen. Doch auch diese ± 5 K sind kritisch zu hinterfragen.


Thermostatmischer für konstantere Temperaturen

Zudem wird beim Urteil nicht berücksichtigt, dass Temperaturschwankungen aus anlagen- und bautechnischer Sicht systembedingt sind. Sie lassen sich nur durch den Einsatz von sogenannten Thermostatmischbatterien weitestgehend reduzieren. Diese sind nach den anerkannten Regeln der Technik jedoch nicht gefordert. Dennoch bleiben auch beim Einsatz von modernen Thermostatmischern Temperaturschwankungen von mehr als ± 1 K bestehen (siehe weiter unten).

Bei den sonst üblichen und weit verbreiteten Armaturen, bei denen die Wassertemperatur über einen Einhebelmischer reguliert wird, lassen sich größere Schwankungen innerhalb eines Trinkwassernetzes kaum vermeiden: Sobald an einer anderen Entnahmearmatur gleichzeitig Trinkwasser kalt, warm oder beides entnommen wird (beispielsweise Hände waschen) führt dies zu einem Druckabfall im Leitungssystem. Zwangsläufig folgen daraus veränderte Mischverhältnisse von kaltem und warmem Wasser, die wiederum zu Temperaturschwankungen führen können.


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