DER BAUSV 1/2020

Andreas Bollig


Schluss mit fiktiven Mangelbeseitigungskosten?


Zum Leidwesen der Baubranche und auch der Versicherungswirtschaft war es in der Vergangenheit gang und gäbe, bei Ausführungsfehlern Mangelbeseitigungskosten als Schadensersatz geltend zu machen, ohne die Mängel tatsächlich zu beseitigen oder Entsprechendes auch nur zu beabsichtigen. So »erwirtschaftete« finanzielle Vorteile konnte ein jeder Auftraggeber behalten und mit dem Geld nach seinem Gutdünken disponieren. Auf diesem Wege wurde so manches Vorhaben »nachfinanziert«, soweit man denn mit Mängeln im Alltag gut leben konnte.

1) Verträge nach dem 1.1.2002

Dem hat der Bundesgerichtshof in drei Entscheidungen, welche sich über Verträge verhalten, die nach dem 1.1.2002 geschlossen wurden, ein Ende bereitet. Danach gilt:

a) Lässt der Auftraggeber die Mangelbeseitigung durchführen, sind die von ihm aufgewandten Kosten, die er bei verständiger Würdigung für erforderlich halten dürfte, vom ausführenden Unternehmen nicht nur gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 BGB zu erstatten. Der Auftraggeber kann in diesem Fall die von ihm aufgewandten Mangelbeseitigungskosten vielmehr auch als Schaden gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB ersetzt verlangen. Auf den Ersatz eines geringeren Minderwerts muss er sich in diesem Fall, vorbehaltlich der Unverhältnismäßigkeit der Aufwendungen, nicht verweisen lassen.

Vor Begleichung bereits angefallener Kosten kann der Besteller Befreiung von den zur Mangelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen.

Ähnliches hat der Bundesgerichtshof für die Architektenhaftung entschieden. Lässt der Besteller den Mangel am Bauwerk, für welchen der Architekt aufgrund eines Planungs- oder Überwachungsfehlers verantwortlich ist, beseitigen, sind die von ihm aufgewandten Kosten als Schaden gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen, denn in Höhe der Aufwendungen ist dem Besteller ein Vermögensschaden entstanden, den er ohne die mangelhafte Architektenleistung nicht gehabt hätte.

Auch insofern gilt: Vor Begleichung der Kosten kann der Besteller Befreiung von den eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen.


b) Ist eine Mangelbeseitigung beabsichtigt, hat der Besteller, der Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB verlangt hat, grundsätzlich weiterhin das Recht, vom ausführenden Unternehmen in Höhe des Mangelbeseitigungsaufwands Vorschuss gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 BGB zu fordern.

Auch gegenüber dem Architekten billigt der Bundesgerichtshof dem Auftraggeber einen zweckgebundenen Vorschussanspruch zur Mangelbeseitigung zu. Nach den §§ 634 Nr. 2, 637 BGB würden dem Besteller im Verhältnis zu dem mangelhaft leistenden Bauunternehmer die Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung durch die Gewährung eines Vorschussanspruches abgenommen. Diese für das Werkvertragsrecht getroffene Wertung des Gesetzgebers sei auch für Planungs- oder Überwachungsfehler des Architekten, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht hätten, zu berücksichtigen. Ein umfassender Ausgleich des verletzten Interesses des Bestellers im Rahmen des Schadensersatzanspruches gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 BGB wegen Planungs- oder Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht hätten, erfordere danach auch die Überwälzung der Vorfinanzierung auf den Architekten in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags an den Besteller.


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