Bernd Kober


Schimmelleitfaden für Schimmelsanierungen verbindlich

Entscheidungsbesprechung von OLG Celle, Urteil vom 11.3.2020, Az. 14 U 32/16


Die Entscheidung des OLG Celle

Das OLG Celle hat mit Urteil vom 11.3.2020 (Az. 14 U 32/16) eine Entscheidung zum Prüfungsumfang eines Projektsteuerers im Einzelfall bei einer Schimmelpilzsanierung getroffen. 

Es gelangte zu dem Ergebnis, dass bei der Prüfung eines Sanierungskonzeptes zur Beseitigung von Schimmelpilzbefall in einem geschlossenen Rohbau Schimmelpilz- und Schimmelpilzsanierungsleitfäden zurate zu ziehen seien, auch wenn sie keine allgemein anerkannten Regeln der Technik darstellen. 

Zur Begründung verweis das OLG Celle darauf, dass diese Leitfäden das derzeit einzige Regelwerk bilden würden, welche die wesentlichen Erkenntnisse von Medizinern und Biologen zum Schimmelpilzbefall und seiner Beseitigung darstellen.

Im Weiteren äußerte sich das OLG Celle auch zu den Pflichten eines Projektsteuerers, die sich – auch in Abgrenzung zu einem mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten – nach den im Einzelfall getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien des Projektsteuerungsvertrags bestimmen.

Dabei hafte der Projektsteuerer neben dem Architekten gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz, wenn er typische Architektenziele der Bauüberwachung und Qualitätskontrolle der Ausführungsleistung übernehme und zusage, auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu achten, und bei der Auswahl einer geeigneten Sanierungsmethode zur Beseitigung von Schimmelpilzbefall in einem geschlossenen Rohbau eines Schulgebäudes keine Bedenken gegen ein Sanierungskonzept anmeldet, das die Empfehlungen des Schimmelpilzsanierungsleitfadens missachtet.


Der Fall des OLG Celle

In einem Schulgebäude wurden in einzelnen Klassenzimmern Raumluftmessungen auf Schimmelpilzsporen durchgeführt, die keine signifikanten Schimmelpilzbelastungen ergaben. Unstreitig gab es in dem Gebäude bereits im Zuge der Bauarbeiten und damit auch in den untersuchten Klassenzimmern jedoch einen Feuchte- und Schimmelschaden, über dessen Herkunft und Ausmaß Unklarheit bestand.

Im Rahmen eines Projektsteuerungsvertrages hatte der Schulträger ein Ingenieurbüro mit der Begleitung der Bauarbeiten beauftragt. Zudem war ein Architekt mit der Planung und Bauüberwachung beauftragt.

Nachdem zuvor in der Raumluft keine auffälligen Schimmelpilzbelastungen festgestellt werden konnten, entschieden Architekt und Projektsteuerer bezüglich der in den Räumlichkeiten vorhandenen OSB-Platten, dass diese trotz Befall mit Schimmel in den Räumen verbleiben können. Auch sonstige Austauscharbeiten wurden weder geplant noch angeordnet. Ein Hinweis an den Bauherrn, dass das gewählte Sanierungskonzept von den Schimmelpilz- und Schimmelpilzsanierungsleitfäden abweicht, wurde nicht erteilt.

Nach Auffassung des OLG Celle hätte der Projektsteuerer (aber auch der Architekt) jedoch bei der Planung der Sanierungsarbeiten berücksichtigen müssen, dass nach dem Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden (Schimmelleitfaden) des Umweltbundesamtes ein Schimmelbefall auf Holzwerkstoffplatten dazu führt, dass diese Platten generell entfernt werden müssen und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang in der Raumluft Schimmelpilze festgestellt werden. Nur mit dieser Vorgehensweise könnten potenzielle Gesundheitsgefahren für die Nutzer der Räume sicher ausgeschlossen werden.

Aufgrund des Umstands, dass diese Hinweise und Vorgaben des Schimmelleitfadens nicht berücksichtigt wurden und der Bauherr hierüber durch den Projektsteuerer auch nicht aufgeklärt wurde, hat das OLG Celle den entsprechenden Schadensersatzanspruch des Bauherrn zugesprochen.


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