Abb. 1: Zufahrt zur Brücke Duvelsrak in Sneek (Foto 09.2019)

Johann Müller


Pilze an acetyliertem Holz

Befall an Brücken bestätigt


In den Jahren 2008 und 2010 wurden im niederländischen Sneek zwei Holzbrücken aus acetyliertem Brettschichtholz gebaut. Sie sollten ohne bauliche und chemische Holzschutzmaßnahmen planmäßig eine Standzeit von 80 Jahren erreichen. Im Jahr 2018 wurden jedoch bei eigenen Inaugenscheinnahmen Pilzfruchtkörper am Holz beider Brücken entdeckt; später wurden die Feststellungen durch den Betreiber Rijkswaterstaat (RWS) bestätigt.

Nachdem im Berliner Park am Gleisdreieck bereits in den Jahren 2016 und 2017 an Bänken aus acetyliertem Brettschichtholz Fruchtkörper von Holz zerstörenden Pilzen entdeckt worden waren [1], sind nun Zweifel an der Dauerhaftigkeit des acetylierten Brettschichtholzes in bestimmten Praxisanwendungen angebracht, zumal der Erstbefall des Holzes Jahre vor der Fruchtkörperbildung stattgefunden haben dürfte.

Gestaltungsmerkmale als Vorgaben

Beide Brücken weisen jeweils eine Länge von 32 m bei einer Höhe von 15 m auf. In der Breite unterscheiden sich die Brücken dagegen. Die erste Konstruktion ist 12 m breit, die zweite 8,8 m. Ausschlaggebend für die Planung der Brücken waren architektonische Überlegungen: Die Gestalt der Brücke sollte an das historische Wassertor der Stadt erinnern.

Die Form des dreieckigen, oben liegenden Hängewerks tritt in der Seitenansicht in Erscheinung. Eine fachwerkartige Füllung des Dreiecks spannt sich mit kreuzenden Diagonalen wie ein Gitternetz in die Schalengeometrie (Abb. 1 und 2). Die Forderung nach einer Lebensdauer von 80 Jahren war nach damaliger Einschätzung »unter normalen Umständen für eine derart exponierte, ungeschützte Konstruktion« kaum realisierbar. Lediglich mit konstruktiven Holzschutzmaßnahmen sei sie einzuhalten, war den Beteiligten klar, doch dies hätte einen nicht tolerierten architektonischen Eingriff bedeutet [2].

Es »schlug die Stunde für eine technische Neuerung im Holzbau: die Verwendung von acetyliertem Nadelholz [...]« [2]. Dieses Material wurde zuvor nur als Vollholz im Fenster- und Wintergartenbau eingesetzt. Für die Brückenprojekte in Sneek musste es jedoch verleimt werden, wozu überprüft wurde, ob acetyliertes Holz die Verklebung beeinträchtigt.

Das Ergebnis entsprechender Prüfungen war »zufriedenstellend« und glich dem von konventionellem Brettschichtholz [2]; die Verleimung konnte also durchgeführt werden, und zwar mit Querschnitten bis zu 108 cm x 150 cm [3]. Ganz wohl war den Beteiligten allerdings offenbar nicht, denn Miebach [2] fragt: »Auch ob eine 80-jährige Lebensdauer garantiert werden kann – wie es die Firma XXX angibt – bleibt abzuwarten.«


Visuelle Untersuchungen

Bei einer ersten Inaugenscheinnahme im März 2018 mit einem Fernglas und anhand der Auswertung der mit einem Teleobjektiv aufgenommenen Fotos konnten an einer der Brücken Risse im Holz und Pilzfruchtkörper festgestellt werden. Die Konturen der Pilze ließen bereits zu diesem Zeitpunkt einen Blättlingsbefall annehmen, zumal an einer der Sitzbänke im Park am Gleisdreieck mit Gloeophyllum trabeum ein Pilz dieser Gruppe identifiziert wurde. Allerdings erlaubten diese Fotos – bedingt durch eine gewisse Unschärfe – keinen öffentlichen Hinweis auf einen Pilzbefall.

Eindeutig waren jedoch Risse im Holz – auch im unteren Bereich der Konstruktion – zu erkennen, die ein Eindringen von Niederschlagswasser in das Holz ermöglichen. Nach fachlichem Austausch mit Kollegen aus dem Normungsbereich wurde der deutsche Hersteller der Brücken im Mai 2018 über die Beobachtungen informiert. Eine eigene Kontaktaufnahme mit einem laut Hersteller in den Niederlanden zuständigen Experten scheiterte jedoch sowohl telefonisch, als auch per E-Mail – es erfolgte weder ein Rückruf noch eine Antwort auf eine E-Mail.

Im August 2018 wurden vor Ort nochmals Fotos aufgenommen, die nun den Pilzbefall eindeutig bestätigen. Zudem zeigen Vergrößerungen der Tele-Aufnahmen rotbraune Flecken auf der Höhe eines Anschlusses einer Strebe an den horizontalen Hauptträger; später bestätigt der Betreiber, dass es sich hierbei um Rostspuren handelt, also Korrosion an den verdeckten Verbindungsmitteln anzunehmen ist.


Den ganzen Beitrag können Sie in der Oktober-Ausgabe von »Der Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Einzelheft- und Abo-Bestellung

Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang