DER BAUSV 4/2019


Hans Ganten


Minderung bei Baumängeln


I. § 638 BGB; § 13 Abs. 6 VOB/B

1. Minderungsrecht

Das Gesetz (§ 638 BGB) und die daran anschließende VOB/B (§ 13 Abs. 6) geben dem Auftraggeber ein Minderungsrecht gegenüber der vereinbarten Vergütung, wenn für den Auftraggeber ein Rücktrittsrecht gem. §§ 323, 636 BGB besteht, d.h. der Auftragnehmer vertragswidrig geleistet hat und – soweit nicht im Einzelfall entbehrlich, § 636 BGB – eine Nachfrist zur vollständigen Erfüllung erfolglos abgelaufen ist.

Beim VOB/B-Vertrag stellt § 13 Abs. 6 VOB/B weitere (ergänzende) Bedingungen an das Minderungsrecht des Auftraggebers (Unmöglichkeit, Unzumutbarkeit oder unverhältnismäßiger Aufwand bei der Mängelbeseitigung, die deshalb abgelehnt wird).

Die Minderung der Vergütung erfolgt nach dem Maßstab des Minderwertes des tatsächlich hergestellten gegenüber dem versprochenen Werk, die Wertrelation bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (§ 638 Abs. 3 BGB). Das Kernproblem bei sämtlichen Minderungsfällen ist die dem Vertrag entsprechende Feststellung des tatsächlichen Minderwertes des hergestellten Werks gegenüber dem Sollergebnis.

2. Der Minderwert

Der Minderwert beim mangelhaft hergestellten Werk (gegenüber dem versprochenen mängelfreien Werk) ist in einem ersten Schritt objektiv festzustellen: Die optisch misslungene Fassade hat einen bestimmten – objektivierbaren – Mangelwert. Dieser Minderwert ist nicht nach dem Maß der »Enttäuschung« des Auftraggebers, sondern objektiv, etwa nach den Kosten einer möglichen Mängelbeseitigung, zu finden. In einem zweiten Schritt ist sodann der Maßstab für die Vergütungsminderung zu finden. Dazu äußert sich § 638 Abs. 3 BGB, auf den inhaltlich auch § 13 Abs. 6 VOB/B verweist. § 638 Abs. 3 BGB lautet:

»Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werks in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.«

Das erste Kriterium für den vertraglich berechtigten Minderungsbetrag (§ 638 Abs. 3 BGB) ist also die Bewertung der mängelfreien Bauleistung durch die Parteien. Sie ergibt sich im Regelfall aus der vereinbarten Vergütung. Wenn nur Teilleistungen mangelhaft sind, ist ggf. der vertragliche Vergütungsanteil für diese Teilleistung herauszufinden.

Der abschließende und entscheidende Schritt im Rahmen des § 638 Abs. 3 BGB ist sodann die Frage: Wie hätten die Parteien die Gesamtleistung unter Einschluss des aufgetretenen Mangels bewertet? Die Antwort darauf ist ein Abzug von der ungeschmälert festgelegten Vergütung; dieser Abzug entspricht dem Minderwert der Leistung gegenüber dem mängelfreien Werk. § 638 Abs. 3 BGB verlangt, dass diese Bewertung »auf den Vertragszeitpunkt« vorgenommen wird.

Also: Bei der Minderung gem. § 638 BGB geht es um die »Übersetzung« des objektiven Mangelwertes in das vertragliche Preis-Leistungs-Gefüge. Berechtigter Minderungsbetrag ist diejenige Summe, die die Parteien bei Kenntnis des Mangels (im Vertragszeitpunkt) von der Vergütung abgezogen hätten.

II. Mängelbeseitigungskosten als Gradmesser für die Minderung

1. Rechtsprechung des BGH bis zum 22.02.2018

Der BGH ging für die Feststellung des Mangelminderwertes bisher für den Regelfall von den Gesamtkosten aus, die für eine Beseitigung dieses Mangels aufgewandt werden müssen. In seinem Urteil vom 17.12.1996 hat der X. Zivilsenat des BGH diese Rechtsprechung grundsätzlich wie folgt zusammengefasst:

»Nach den §§ 634, 472 BGB ist bei der Minderung die Vergütung des Unternehmers in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Üblicherweise lehnt sich die Wertminderung an den Geldbetrag an, der aufgewendet werden muss, um die bei Abnahme vorhandenen Mängel zu beheben (vgl. BGHZ 58, 181 = NJW 1972, 821). Dabei hat das Gericht nach § 287 Abs. 2 ZPO i.V.m. Abs. 1 die Möglichkeit, unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände nach freier Überzeugung die Höhe zu schätzen, wobei die Schätzung möglichst nahe an die Wirklichkeit heranführen soll (vgl. BGHZ 91, 243 = NJW 1984, 2216).«


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