BauSV 2/2023


Rechtsprechungs-Report | Bauvertragsrecht


Eva-Martina Meyer-Postelt


Mangelfolgeschäden stehen der Abnahme nicht entgegen!


1. Unwesentliche Mängel sind kein Abnahmehindernis. Unwesentlich ist ein Mangel, wenn es dem Auftraggeber unter Abwägung aller Umstände zuzumuten ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit Mängelrechten zu begnügen.

2. Etwaige Mangelfolgeschäden stehen der Abnahme der Leistung nicht entgegen.

3. Der Auftraggeber hat in der Regel keinen Anspruch auf Beseitigung von Mangelfolgeschäden, sondern (nur) einen Anspruch auf Zahlung der zur Beseitigung der Mangelfolgeschäden erforderlichen Geldsumme.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 31.5.2022 – 2 U 16/22
BGH, Beschluss vom 19.10.2022 – VII ZR 117/22 (NZB zurückgenommen)


Zum Sachverhalt

Die Klägerin verlangt von der beklagten Bauherrin Werklohn für die Lieferung und Montage eines Gasbrennwertheizgeräts mit Warmwasserspeicher sowie Montage neuer Heizkörper und der Sanitär- und Heizungsinstallation im Haus der Beklagten. Die Beklagte hat diverse Mängel an den ausgeführten Arbeiten gerügt. Die Klägerin hat die Fertigstellung ihrer Leistungen und deren Abnahme durch die Beklagte behauptet.

Die Beklagte hat die Abnahme bestritten und zudem behauptet, dass es zu einem Wasserschaden gekommen sei. Als Ursache dafür behauptet die Beklagte einen von der Klägerin falsch montierten Duschkopf im 1. OG, weswegen Feuchtigkeit in die Decke eingetreten sein könnte und die Bildung von Schimmel gedroht habe. Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Nach Abschluss der Beweisaufnahme hat das Landgericht die Beklagte u.a. zur Zahlung von 25.014,48 Euro verurteilt und auch zur Zahlung von weiteren 3.840,30 Euro, Zug um Zug gegen Beseitigung einiger sachverständig festgestellter Mängel.

Das Landgericht hält den Werklohnanspruch der Klägerin für fällig, weil das Werk zum Zeitpunkt des Abnahmeverlangens objektiv abnahmereif gewesen wäre. Die sachverständig bestätigten Mängel stellten keine erheblichen Mängel dar. Bei dem behaupteten Wasserschaden handele es sich um einen Mangelfolgeschaden, der einer Abnahmereife ohnehin nicht entgegenstehe. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Ohne Erfolg.


Aus den Gründen

Der Senat weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurück, weil sie offensichtlich unbegründet ist. Zu den Anspruchsvoraussetzungen des Werklohnanspruchs einschließlich der Fälligkeit wird vollumfänglich auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils verwiesen. Es lag zum Zeitpunkt des Abnahmeverlangens die erforderliche Abnahmereife vor. Die nach Würdigung des Sachverständigengutachtens bestehenden Mängel waren unwesentlich im Sinne des § 640 Abs. 1 S. 2 BGB.

Unwesentlich ist ein Mangel, wenn es dem Besteller unter Abwägung aller Umstände zuzumuten ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit den Mangelrechten des § 634 BGB zu begnügen. So liegt der Fall hier. Aufgrund der unwesentlichen Mängel erfolgte die Verurteilung Zug um Zug. Die Beklagte beschränkt den Berufungsangriff auf den behaupteten Wasserschaden. Dieser steht, da er nicht unmittelbar die Werkleistung und deren vertragsgemäße Erfüllung betrifft, der Beurteilung der Abnahmereife nicht entgegen.

Der Senat stimmt den rechtstheoretischen Ausführungen der Beklagten zum Schadensrecht im Grunde zu. Es mangelt indes an der Übertragbarkeit auf den hier zu entscheidenden Fall. Der Senat geht, ebenso wie die Beklagte, bei dem behaupteten Wasserschaden im Grundsatz von einem in Betracht kommenden Mangelfolgeschaden aus. Anders als Schadensersatzansprüche, die auf den Ersatz von Mangelbeseitigungskosten gerichtet sind, nehmen solche, die den Ersatz von Mangelfolgeschäden betreffen, in der Regel nicht am Synallagma i.S.d. § 320 I BGB teil.

Derartige Schadensersatzansprüche dienen nicht dazu, das vertragliche Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen. Eine entsprechende Forderung kann daher nicht Grundlage der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 320 I BGB gegenüber der vom Unternehmer verlangten Werklohnforderung sein. Nichtsdestoweniger kann grundsätzlich das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 I BGB in Ansehung dieser Ansprüche eingreifen und über § 274 BGB zu einer Verurteilung Zug um Zug führen. Allerdings fehlt es hier, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, an der Darlegung und darauf beruhenden Geltendmachung eines die Zurückbehaltung im Sinne des § 273 BGB rechtfertigenden Anspruchs.

Der Verdacht, nach nunmehr über 4 Jahren drohten Feuchtigkeitsschäden, reicht als Vortrag nicht aus. Das Ergebnis ist auch nicht unbillig. Der Beklagten war es unbenommen, die Voraussetzungen des von ihr behaupteten Anspruchs darzulegen. Der Auftraggeber hat in der Regel keinen Anspruch auf Beseitigung eines Mangelfolgeschadens, sondern einen auf Zahlung der dafür erforderlichen Geldsumme unter den Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs. Dazu verhält sich der Beklagtenvortrag nicht.


Anmerkung

Mit einem vorgängigen Hinweisbeschluss vom 29.4.2022 hatte der Senat die Beklagte bereits darüber informiert, dass Einstimmigkeit darüber bestehen würde, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Mitglieder des Senats waren sich darin einig, dass die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hätte noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert hätte. Eine mündliche Verhandlung war demzufolge nicht geboten.

Gleichzeitig teilte der Senat der Beklagten mit diesem Hinweisbeschluss auch mit, dass die Berufung nach den bis dato erfolgten Beratungen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hätte, denn die Entscheidung des Landgerichts wäre nicht zu beanstanden. Ausdrücklich hat der Senat in diesem Beschluss darauf hingewiesen, dass es eine Selbstverständlichkeit wäre, dass ein etwaiger Mangelfolgeschaden vorliegend der Abnahmefähigkeit der Werkleistung nicht entgegenstehen würde.

Ein eine Zug-um-Zug-Verurteilung rechtfertigendes Zurückbehaltungsrecht liege hinsichtlich des Wasserschadens als Mangelfolgeschaden nicht vor. Der beklagtenseits behauptete Mangelfolgeschaden wegen der Folgen des behaupteten Wasserschadens führe gerade nicht zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung.

Denn die dadurch befürchteten Feuchtigkeitsschäden würden sich als Mangelfolgeschäden an sonstigen Rechtsgütern der Bestellerin darstellen. Die von der Beklagten hierfür geforderten Maßnahmen – Überprüfung der Feuchtigkeit sowie Beseitigung etwaig beschädigter Rechtsgüter wie z.B. Fliesen bzw. an der Zwischendecke – sind keine Mängelbeseitigungen, sondern Maßnahmen zur Beseitigung eines Mangelfolgeschadens. Der Auftraggeber hat aber in der Regel keinen Anspruch auf Beseitigung eines Mangelfolgeschadens, sondern einen auf Zahlung der dafür erforderlichen Geldsumme unter den Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs.

Für diesen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 BGB war die Beklagte für die Pflichtverletzung, die Schadensentstehung, den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden sowie den Schadensumfang darlegungs- und beweisbelastet. Vorgetragen hatte die Beklagte aber dazu bis dato nichts. Darauf hat der Senat die Beklagte aufmerksam gemacht und ihr Gelegenheit gegeben, ihren Vortrag entsprechend zu ergänzen. Die Beklagte hat dann zwar nochmals vorgetragen, aber offensichtlich keinen anspruchsbegründenden Sachverhalt. Weshalb auch dieser zusätzliche Vortrag dem Senat keinen Anlass für eine abweichende Bewertung gab.

EMMP


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