BauSV 3/2021

Abb. 1: Zuordnung von Holzbauteilen zu einer Gebrauchsklasse [aus: 3 DIN EN 335:2013-06 Dauerhaftigkeit von Holz und Holzprodukten – Gebrauchsklassen: Definitionen, Anwendung bei Vollholz und Holz¬produkten; Deutsche Fassung EN 335:2013; DIN 68800-1:2019-06 Holzschutz – Teil 1: Allgemeines]

Ingo Kern


Konstruktiver Holzschutz

Schwerpunkte und Optimierung der Dauerhaftigkeit im Holzbau


Konstruktiver Holzschutz wird meist auf viele unterschiedliche Handlungen und Wirkungsformen übertragen, als würde man in der Anatomie nur noch den einheitlichen Begriff »Ader« verwenden, um nicht die Arterien und die Venen zu diskriminieren. Dort, wo der Begriff – meist relativ wahllos – verwendet wird, kommt es aber auf konkrete Abgrenzungen an, weil die Schutzklassen verschiedene Ziele verfolgen. Der Beitrag soll einen Blick unter die Strukturen der Oberfläche eröffnen.

Neben Materialwahl und konstruktivem Einsatz wirft die Verwendung von Holz schnell die Frage nach seiner Dauerhaftigkeit auf. Der Umgang sowie die Planung dauerhafter Holzbauwerke sollte so selbstverständlich sein wie Löwenzahn im Vorgarten. Holzschutz wird im Wesentlichen eingeteilt und geregelt durch drei Kategorien:

  1. Nutzungsklassen nach DIN EN 1995-1-1: »Welchen Klimabedingungen muss das Bauholz widerstehen?«
  2. Dauerhaftigkeitsklassen nach DIN EN 350: »Welche natürliche biologische Dauerhaftigkeit hat das Bauholz?«
  3. Gebrauchsklassen nach DIN EN 335: »Welchen biotischen Feinden muss die Konstruktion widerstehen?«


1 Nutzungsklassen

Die Nutzungsklasse (NKL) bezeichnet die Klassifikation eines Holzbauteils in Abhängigkeit seiner Gleichgewichtsfeuchte über den gesamten Bauteilquerschnitt. Die Gleichgewichtsfeuchte ist maßgebend für die bei der Bemessung relevanten Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften, die mit zunehmender Holzfeuchte abnehmen.

Um den Einfluss der klimatischen Verhältnisse der Umgebung des Bauwerks auf die Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften des Holzes berücksichtigen zu können, sind die tragenden Bauteile von Holzbauwerken nach DIN EN 1995-1-1 in drei Nutzungsklassen einzustufen [1]. Es handelt sich dabei um die Zuordnung von Festigkeitswerten und Grundlagen zur Berechnung von Verformungen.

Die Nutzungsklassen von Holzbauteilen waren früher in der Statiknorm DIN 1052 (Berechnung und Bemessung von Holzbauwerken) aufgeführt. 2012 wurde sie durch den Eurocode 5 abgelöst, der heute in allen deutschen Bundesländern eine verbindliche Norm zur Berechnung der Statik von Holzbauwerken ist. Der über die Nutzungsklassen definierte Einfluss der Holzfeuchte fließt in die Bemessung der Holzbauwerke und die Auswahl der Holzart und Holzwerkstoffe ein.


2 Dauerhaftigkeitsklassen

Die natürliche Dauerhaftigkeit einer Holzart gibt an, wie widerstandsfähig diese gegenüber einem Angriff durch Holz zerstörende Insekten und Pilze ist. Die natürliche Dauerhaftigkeit wird nach DIN EN 350 in die Dauerhaftigkeitsklassen 1 bis 5 eingeteilt [2]. Diese Klassifizierung bezieht sich ausschließlich auf das Kernholz der Holzarten. Das Splintholz jeder Holzart wird grundsätzlich als nicht dauerhaft (Dauerhaftigkeitsklasse 5) angesehen.

Diese Widerstandsfähigkeit ist auf das Vorhandensein natürlicher Bestandteile zurückzuführen, die unterschiedliche Toxizitätsgrade gegenüber biologischen Organismen haben oder anatomische Besonderheiten oder eine bestimmte Zusammensetzung bestimmter Holzprodukte aufweisen.


3 Gebrauchsklassen

DIN EN 335 legt Gebrauchsklassen fest, die die verschiedenen Nutzungssituationen repräsentieren, denen Holz und Holzprodukte ausgesetzt sein können [3]. Sie beschreiben die unterschiedlichen Einbausituationen und Gebrauchsbedingungen, denen das Bauteil am Einbauort unterliegen wird, wie Holz zerstörende Insekten, Holz zerstörende Pilze, Holzschädlinge im Wasser und Auswaschbeanspruchung. Nützlich sind diese Klassen für die Bewertung der Planung und Konstruktion von Holzbauten. Je geringer die Gebrauchsklasse, desto weniger Schutz ist erforderlich. Es werden insgesamt sieben Gebrauchsklassen festgelegt.

Bei den vielen Holzbaukonstruktionen darf nicht vergessen werden, dass Holz als organisches Produkt den Gesetzen des Stoffkreislaufs der Natur unterliegt. Holz im Bauwesen bedarf deshalb eines dauerhaften und umweltverträglichen Schutzes. Der moderne Holzbau berücksichtigt dabei vorrangig konstruktive Holzschutzmaßnahmen, die sicherstellen, dass für die Dauer der Nutzung eine Rückführung in den Stoffkreislauf durch Holz zerstörende Organismen ausgeschlossen ist: Holzbau ohne Chemie ist nicht nur möglich, sondern auch prioritäre Pflicht für Planer und Ausführende. [4]

Für das Bauwesen ist die vierteilige Normenreihe DIN 68800 Teil 1–4:2012-02 Holzschutz von großer Bedeutung. Sie regelt, in welchem Umfang und an welcher Stelle überhaupt noch vorbeugende Holzschutzmittel verwendet werden dürfen. Damit wird erreicht, dass die Mehrzahl der üblichen Konstruktionsbauteile der Gebrauchsklasse 0 (GK 0) zugeordnet werden können. Die Normenreihe DIN 68800 enthält die Verpflichtung, vorrangig bauliche Maßnahmen zu berücksichtigen. Konkret bedeutet das die Umkehrung der Nachweispflicht: Wurde bis dato gefordert, nachzuweisen, dass der Einsatz von vorbeugenden chemischen Holzschutzmaßnahmen nicht erforderlich ist, muss die Notwendigkeit der Verwendung von chemischen Holzschutzmitteln belegt werden. Der größtmögliche Verzicht auf Biozide und Gefahrstoffe ist zudem wichtiger Bestandteil des nachhaltigen Bauens.

Der Begriff Gebrauchsklasse wurde aus der Europäischen Normung (DIN EN 335-1 und -2) übernommen. Die GK dürfen nicht mit den Nutzungsklassen nach DIN EN 1995-1-1:2010-12 verwechselt werden. GK dienen zur allgemeinen Einstufung des Einsatzbereichs von Holz im Hinblick auf einen erforderlichen Schutz gegen Holzschädlinge, während Nutzungsklassen Umgebungsbedingungen als Basis für die Bemessung von Holzbauteilen sind.

Die Gefährdung von Holzbauteilen durch Holz zerstörende Pilze, Moderfäule oder Holz zerstörende Insekten ist abhängig von den Umgebungsbedingungen und ihrer baulich-konstruktiven Ausbildung. Maßgebendes Kriterium ist dabei die Holzfeuchte im Gebrauchszustand. Hierbei wird unterschieden, ob das Holz ständig trocken oder gelegentlich, häufig bzw. ständig feucht ist. Als Kriterium für »trocken« gilt im Allgemeinen eine mittlere Holzfeuchte von 20%, bei der keine Gefährdung durch Holz zerstörende Pilze vorliegt. Ist eine Erhöhung der Holzfeuchte nicht auszuschließen, sind in Abhängigkeit der gegebenen Gebrauchsklasse Maßnahmen erforderlich, welche die geforderte Dauerhaftigkeit dennoch sicherstellen. Dies können die Auswahl besonders dauerhafter Holzarten oder chemische Maßnahmen sein.


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