BauSV 6/2022


Bauschäden

Flachdachrichtlinie vs. DIN Gefälleanforderungen
Abb. 3: Foto einer sechs Monate alten Bitumenabdichtung

Udo Simonis, Klaus Hafer


Flachdachrichtlinie vs. DIN Gefälleanforderungen


Hintergrund

Dieser Beitrag setzt eine Diskussion um die Bedeutung von Gefällegebungen auf Flachdächern der Beiträge Zöller, Bretz und Hafer [1] fort und vertieft in diesem Zusammenhang den Aspekt der Materialeigenschaften von Dachbahnen.

DIN 18531-1 differenziert nach den sogenannten Anwendungsklassen K1 und K2. Bei der als höherwertig gedachten Ausführung K2 sollten Anforderungen an Dachabdichtungen beschrieben werden, die aufgrund höherwertiger oder besonderer Gebäudenutzung erhöhten Einwirkungen unterliegen bzw. wegen schwieriger Zugänglichkeit weniger Instandhaltung bedürfen.

Dachabdichtungen, an die übliche Anforderungen gestellt werden, sind der Anwendungsklasse K1 zuzuordnen. Voraussetzung ist, dass grundsätzlich eine Mindestneigung der Abdichtungsebene von 2% geplant wird. Bei einer Unterschreitung dieser Planungsanforderung gelten für die Dachabdichtung – hinsichtlich der Stoffauswahl – die Bemessungsregeln für die Anwendungsklasse K2.

Bei Kunststoffbahnen soll dann für K2 eine um mindestens eine Stufe dickere Bahn gewählt werden. Allerdings kann die Dicke nur ein Qualitätsmerkmal bei identischen Rezepturen und Bahnenaufbauten sein. Die Praxis zeigt aber, dass es Bahnen mit einer Nenndicke von 1,2 mm gibt, die eine Nutzungsdauer von deutlich mehr als 25 Jahren aufweisen. Andererseits gibt es Bahnen in der Nenndicke von 2,0 mm der gleichen Stoffart, die gerade einmal 13 – 15 Jahre gehalten haben.

Bei der Anwendungsklasse K2 (höherwertige Ausführung) ist ein Gefälle von mind. 2% in der Abdichtungsebene und mindestens 1% im Bereich von Kehlen zu planen.

Für die Ableitung des Niederschlagwassers sind Dachabdichtungen grundsätzlich mit einem Gefälle von mindestens 2% zu planen. Dächer und bzw. oder innen liegende Rinnen und Kehlen mit einem Gefälle unter 2% erfordern aufgrund erhöhter besondere Maßnahmen.

Die Abdichtung sollte, außer bei intensiv begrünten Dächern mit Anstaubewässerung, so geplant und ausgeführt werden, dass Niederschlagswasser nicht langanhaltend auf der Abdichtungsschicht stehen kann. Dazu sollte ein Mindestgefälle von 2% geplant werden.

Bei Dachflächen mit einer Neigung bis ungefähr 5% ist aufgrund zulässiger Ebenheitstoleranzen, der Durchbiegung des Tragwerks, des vorhandenen Gegengefälles und aufgrund von Unebenheiten an Bahnenüberlappungen und -verstärkungen eine Pfützenbildung möglich.

Im Teil 2 der DIN 18531 [2] wird zudem beschrieben, dass die Stoffe unter Berücksichtigung ihrer Einbauart und den jeweiligen Einwirkungen im Zusammenwirken mit den anderen Teilen der Abdichtung und des Dachaufbaus insbesondere genügen müssen:

ausreichende Widerstandsfähigkeit gegen UV-Strahlung unter gleichzeitiger Einwirkung von Wasser, sofern
- sie ungeschützt der direkten Witterung ausgesetzt sind
- eine ausreichende Widerstandsfähigkeit gegen Angriffe durch Mikroorganismen vorhanden ist.

Außerdem dürfen sich die maßgeblichen Eigenschaften im eingebauten Zustand unter den gegebenen Einwirkungen nicht so verändern, dass die Funktion der Abdichtung während ihrer wirtschaftlich angemessenen Nutzungsdauer beeinträchtigt wird.

In der Norm selbst wird keine Nutzungsdauer vorgegeben – im Arbeitsblatt der BTE-Arbeitsgruppe [6] zur Lebensdauer von Bauteilen sowie in dem Bauschadensbericht aus 1996 [7] wird eine Nutzungsdauer von 25 Jahren angenommen.

Die Produktnormung sieht keine Prüfung der Widerstandsfähigkeit gegen Mikroorganismen vor. Weiterhin besteht eine Minimalanforderung von 1.000 Std. an die künstliche Bewitterung für Dachbahnen – dies bedeutet eine Nutzungsdauer von gerade einmal ca. 7 Monaten im Süden von Deutschland und 8 Monaten im Norden von Deutschland.

Die Produktnormung sichert weder die praktische Verwendungseignung noch die dafür erforderliche Qualität der Bahnen. Dies liegt in der Verantwortung der Anwender, d.h. diese müssen in jedem Einzelfall prüfen, ob die gewählte Abdichtung den Anforderungen in der Praxis standhält.

Die Flachdachrichtlinie mit der Ausgabe von 2016 [3] (die Änderungen von 2017, 2019 und 2020 beziehen sich auf die Ausgabe von 2016) löst sich zum Teil von den Inhalten der DIN 18531 und widerspricht dieser in Teilbereichen. Dort gibt es keine Unterscheidung in Anwendungsklassen K1 und K2.


1.1 Dachneigung, Gefälle

(1) Die Unterlage der Abdichtung soll für eine Ableitung des Niederschlagswassers mit einem Gefälle von mindestens 2% in der Fläche geplant werden.

(2) Gefällelose Flächen können in begründeten Fällen geplant und ausgeführt werden. Beispielhaft gelten als begründete Fälle:

  • reduzierte Anschlusshöhen an Türen,
  • konstruktiv vorgegebene Lage der Entwässerungseinrichtungen, die eine Gefällegebung nicht ermöglichen,
  • Bestandsgebäude mit vorgegebener Lage der Entwässerungseinrichtungen,
  • Intensivbegrünung oder erdüberschüttete Flächen mit Anstaubewässerung,
  • baurechtliche Anforderungen, die eine Gefällegebung nicht ermöglichen.

(3) Das tatsächliche Gefälle kann infolge von vorhandenen Toleranzen / Abweichungen vom planmäßigen Gefälle abweichen.

(4) Bei der Messung bzw. der Ermittlung des Gefälles bleiben Bahnenüberdeckungen unberücksichtigt.

(5) Selbst auf Flächen mit einer Neigung bis zu 5% (ca. 3°) kann es, bedingt durch die Durchbiegung und / oder zulässige Toleranzen in der Ebenheit der Unterlage, der Dicke der Werkstoffe sowie durch Überlappungen und Verstärkungen, zu Pfützenbildung kommen.


Den ganzen Beitrag können Sie in der Dezember-Ausgabe von »Der Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Einzelheft- und Abo-Bestellung

Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang