Abb. 5: Lastverteilungstraversen und Messbasis zur Durchbiegungsmessung

Marc Gutermann, Dennis Kahl


Experimentelle Ermittlung der Tragreserven von Bestandsbauteilen


1 Einführung

Mehr als 60% der Bauaufträge werden heute im Bestand umgesetzt [1]. Die Bandbreite reicht vom Umbau moderner Stahlbetonskelettbauten bis zu historischen Unikaten mit baugeschichtlich interessanten Tragkonstruktionen. Eine wesentliche Voraussetzung für Nutzungs- und Investitionsentscheidungen ist der Nachweis ausreichender Tragsicherheit für die gewünschten Lastansätze.

Die letzten Jahrzehnte waren gekennzeichnet durch einen eindrucksvollen Einzug der elektronischen Datenverarbeitung in alle Bereiche des Bauwesens. In der Statik ließ sich jedes Problem in immer besseren und umfangreicheren Rechenprogrammen modellieren und lösen. Je detaillierter jedoch die Software, desto mehr Parameter müssen eingegeben und damit Annahmen getroffen werden. Dies ist oftmals eine Herausforderung für den Tragwerksplaner, wenn zuverlässige Daten über Baustoffe und Tragkonstruktion fehlen oder Schäden eine zuverlässige Bewertung erschweren.

Wenn der rechnerische Nachweis nicht gelingt, wird meist konventionell verstärkt oder abgerissen und neu gebaut (Abb. 1). Das sind jedoch nicht immer wirtschaftliche Varianten, die besonders bei denkmalgeschützten Bauten auch nicht akzeptabel sind. Eine alternative Vorgehensweise ist der experimentell gestützte Nachweis, bei dem entweder wesentliche Parameter für einen rechnerischen Nachweis durch Versuche ermittelt werden oder Belastungstests direkt nach ihrer Beendigung Planungssicherheit für den Baufortschritt bringen.

Experimentell gestützte Verfahren können auch dann erfolgreich sein, wenn alle anderen Ansätze zuvor gescheitert sind (s.a. Abb. 1):

  1. Abschätzung der Tragsicherheit, z.B. aufgrund vorhandener Unterlagen,
  2. überschlägige Berechnung der Tragsicherheit, z.B. mit einfachen Berechnungsmodellen,
  3. genaue Berechnung der Tragsicherheit, z.B. mit komplexen FE-Berechnungsansätzen und -modellen,
  4. messwertgestützte Ermittlung der Tragsicherheit.

Experimentelle Methoden bewerten den aktuellen Tragwerkszustand inklusive aller realen Randbedingungen, sodass Un­sicherheiten wegfallen und die Lasten deutlich über das rechnerisch nachgewiesene Lastniveau gesteigert werden können (Abb. 2). Denn ein Rechenmodell bleibt immer ein Modell und kann die physikalische Wirklichkeit nur so gut beschreiben, wie zutreffend seine Annahmen waren. Und Letztere sollten selbstverständlich immer auf der sicheren Seite liegen.

Die Bandbreite der möglichen Einsatzgebiete experimenteller Methoden ist nahezu unbegrenzt (Tab. 1). Einige Beispiele werden in den nachfolgenden Kapiteln exemplarisch vorgestellt, auch um wiederkehrende Besonderheiten aufzuzeigen [2]. Planungs- und Ausführungsdetails einiger Projekte können der jeweils zitierten Literatur entnommen werden ([8]–[12]).


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