Natalie Hahn


Die Überwachungspflichten des Architekten


Der Beitrag zeigt auf, wann der Architekt in welchem Umfang eine Bauüberwachung zu erbringen hat, unter welchen Voraussetzungen er bei Fehlern haftet und welche Verjährungsregelungen gelten.

Die Objektüberwachung ist eine der haftungsträchtigsten Tätigkeiten eines Architekten. Zu beinahe jedem Gewerk findet sich Rechtsprechung, die sich mit den Überwachungspflichten des Architekten und dessen Haftung beschäftigt. Eine aktuell in Fachmedien präsente Entscheidung hat den Inhalt, dass sich die Überwachungspflicht des Architekten sogar auf die Überwachungstätigkeit anderer Sonderfachleute erstreckt. Den vielfach verbreiteten Eindruck, dass die Überwachungspflichten des Architekten maßlos überdehnt werden, mag das ggf. noch schüren.

Demgegenüber verifiziert ein näherer Blick auf die Überwachungspflichten eines Architekten zwar ein hohes Haftungspotenzial, zeigt aber auch, dass die Materie etwas diffiziler ist, als die Mär vom stets haftenden Architekten glauben macht. Nachfolgend wird aufgezeigt, wann der Architekt in welchem Umfang eine Bauüberwachung zu erbringen hat, unter welchen Voraussetzungen er bei Fehlern haftet und welche Verjährungsregelungen gelten. 


Wann schuldet der Architekt die Überwachung?

Der Architekt schuldet die Objektüberwachung, wenn er mit ihr beauftragt ist. Das kann z.B. in Verbindung mit einer Vollarchitektur, der Beauftragung eines Leistungsphasen-Pakets (z.B. LP 5 bis LP 8) oder auch komplett isoliert geschehen. Maßgeblich für die Bauüberwachungspflicht des Architekten ist allein der mit ihm vereinbarte Beauftragungsumfang. So schmälert es die Bauüberwachungspflicht des Architekten nicht etwa, wenn die Objektüberwachung neben ihm auch noch weiteren Baubeteiligten (z.B. dem Generalunternehmer) übertragen ist.

Was genau der Architekt zu tun hat, wenn er die Objektüberwachung schuldet, wird regelmäßig nicht näher zwischen Bauherrn und Architekt besprochen. Gibt es einen schriftlichen Architektenvertrag, findet sich dort in der Regel ebenfalls keine nähere Leistungsbeschreibung der Überwachung. Auch der HOAI-Grundleistungskatalog zur Leistungsphase 8 liefert keine Auslegungshilfe dazu, wie eine Objektüberwachung konkret zu praktizieren ist.

Dass sich Umfang und Ausgestaltung der Objektüberwachung aber nicht etwa von selbst verstehen, zeigt die Fülle an Rechtsprechung. Im Duden wird »überwachen« definiert als »beobachtend und kontrollierend für den richtigen Ablauf einer Sache sorgen; darauf achten, dass in einem bestimmten Bereich alles mit rechten Dingen zugeht«.

Davon wird auf der Baustelle insbesondere dann ausgegangen, wenn das Bauwerk mit den Planunterlagen übereinstimmt und keine Mängel aufweist. Der BGH hat es wie folgt präzisiert: »Wer vertraglich die Bauaufsicht übernimmt, hat schon während der Ausführung dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird«.


Mangelvermeidung als oberste Pflicht

Die oberste Pflicht des überwachenden Architekten besteht mithin darin, bereits die Entstehung des Mangels zu verhindern und dafür zu sorgen, dass das Bauwerk in Übereinstimmung mit den geschlossenen Verträgen, der Planung und den öffentlich-rechtlichen Vorgaben errichtet wird. Dafür gilt es für den überwachenden Architekten umfassend an den unterschiedlichsten Keimpunkten eines möglichen Mangels anzusetzen: bei der Planung, der Ausführung und dem sonstigen Agieren der Baubeteiligten.


Überwachung der Planung

Zwar hat der bauüberwachende Architekt grundsätzlich keine planende Funktion, er hat aber gleichwohl in zumutbarem Rahmen zu prüfen, inwieweit ggf. durch die vorhandene Objekt- und Fachplanung schon Defizite angelegt sind, die in Mängel münden können. Er hat die Planungsunterlagen auf ihre tatsächliche Richtigkeit, d.h. dahingehend zu prüfen, ob sie geeignet sind, ein funktionsfähiges Bauwerk entstehen zu lassen.

Ob die jeweilige Planung vom bauüberwachenden Architekten selbst oder einem Dritten stammt, spielt insoweit eine Rolle, dass die Anforderungen an die Überwachungspflichten sogar in besonderem Maße gelten, wenn die Pläne nicht vom bauüberwachenden Architekten stammen. Dabei ist allerdings im Einzelfall zu berücksichtigen, um welche Art von Planung es sich handelt.

Denn eine Pflicht zur Überprüfung der Planung anderer Beteiligter wird regelmäßig nur in der Tiefe angenommen, in der der betroffene Fachbereich dem allgemeinen Wissensstand des Architekten zugeordnet werden kann und es sich um offensichtliche Fehler handelt, die für ihn als Architekt auch ohne Spezialkenntnisse erkennbar sind.

Ganz grundsätzlich hat der Architekt über die Kenntnisse zu verfügen, die es zur Durchführung seiner Aufgaben bedarf. Er kann sich z.B. nicht damit entlasten, dass ihm im Rahmen seines Architekturstudiums die notwendigen Kenntnisse nicht vermittelt worden seien.

Stellt sich heraus, dass die Planung nicht funktionieren kann, so hat der Architekt dies dem Bauherrn mitzuteilen und dafür zu sorgen, dass sich die Planungsdefizite nicht im Bauwerk verwirklichen. Entsprechendes gilt, wenn er Unstimmigkeiten zwischen der ihm vorgelegten Architektenplanung und den Bauunternehmerverträgen entdeckt.


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