BauSV 6/2022


Top-Thema


Jennifer Essig


Die Beteiligung des Bestellers an Nachbesserungskosten


Wo gebaut wird, da passieren Fehler. Liegen Mängel an einer Werkleistung vor, hat der Besteller (in der Regel nach der Abnahme) verschiedene Rechte und Ansprüche gegen den Verantwortlichen. Was so einfach klingt, führt in der Praxis aber regelmäßig zu ganz erheblichen Problemen. Die Errichtung eines Bauwerks ist ein komplexer Prozess, an dem eine Vielzahl von Beteiligten mitwirkt. Es ist daher häufig gar nicht so leicht, »den einen Schuldigen« auszumachen, weil es oft genau den einen überhaupt nicht gibt.

Nicht selten kommt es zudem vor, dass die Fehlerhaftigkeit des Werks oder die Mangelfolgeschäden auch auf einem Fehlverhalten des Bestellers oder seiner Erfüllungsgehilfen beruht. Liegt ein solches Mitverschulden des Bestellers oder seiner Erfüllungsgehilfen vor, kann der oder die in Anspruch genommenen Unternehmer dem Besteller genau diesen Einwand entgegenhalten und müssen die etwaigen Kosten der Mangelbeseitigung nicht vollständig alleine tragen.

Vielmehr hat der in Anspruch genommene Unternehmer in bestimmten Konstellationen sogar Anspruch auf Beteiligung des Bestellers an den Nachbesserungskosten. Welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen, wird nachfolgend in einem Überblick dargestellt.


1. Eigenes Verschulden

Nach § 254 Abs. 1 BGB hängt dann, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz und der Umfang des zu leistenden Schadensersatzes auch von den Umständen ab, inwieweit der Schaden von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. § 254 BGB gilt zwar unmittelbar nur für die Leistung von Schadensersatz. Als Ausprägung eines allgemeinen Rechtsgedankens ist er aber nach Treu und Glauben auch auf die werkvertragliche Nachbesserung anzuwenden.

Bereits im Jahre 1984 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich der Besteller je nach seinem Mitverursachungsbeitrag mit einem angemessenen Anteil an den Mangelbeseitigungskosten zu beteiligen hat. Die Regelung des § 254 ist deshalb auch anwendbar auf Kostenerstattung oder Vorschuss oder bei der Minderung des Werklohns.

Wann liegt aber ein Mitverschulden vor? Von einem solchen spricht man, wenn der Verletzte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt.

Unerheblich ist es also, ob der Besteller seine bestehenden Pflichten verletzt hat oder aber ob er nur gegen ihn treffende Obliegenheiten verstoßen hat.

Ein Mitverschulden des Bestellers kann beispielsweise vorliegen, wenn der Besteller trotz entsprechender Hinweise möglichen Gefährdungen nicht nachgeht oder die entsprechenden Erkundigungen nicht einholt. Drängen sich dem Besteller aufgrund eigener Kenntnisse Umstände auf, die auf eine mögliche Gefährdung hindeuten, verstößt er daher gegen die in seinem eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, wenn er quasi sehenden Auges die Werkleistungen dennoch ausführen lässt. Insoweit steht es im eigenen Interesse des Bestellers, eine für ihn erkennbar zweifelhafte Rechtsauffassung des von ihm beauftragten Unternehmers zu prüfen und falls notwendig, dazu Rechtsrat einzuholen.

Sind etwaige Gefahren aber für den ausführenden Unternehmer ohne Weiteres selbst erkennbar, trifft den Besteller keine Hinweispflicht darauf und entsprechend dann, wenn sich diese Gefahr realisieren sollte, auch kein Mitverschulden. Ein Mitverschulden des Bestellers liegt aber durchaus vor, wenn der Unternehmer ihn vorher auf diese Gefahren hingewiesen und insoweit Bedenken angemeldet hat, auch dann, wenn diese Hinweise nicht den Anforderungen beispielsweise des § 4 Abs. 3 VOB/B in Verbindung mit § 13 Abs. 3 VOB/B entsprechen.

In diesem Fall wird der Unternehmer nicht von seiner Gewährleistung frei, der Besteller muss sich jedoch die Kenntnis zurechnen lassen, die er durch den Hinweis erhalten hat. Hat er darauf nicht reagiert, so kommt ein Mitverschulden, ggf. auch zu einem ganz überwiegenden Teil, in Betracht. Dasselbe gilt im Übrigen auch, wenn der Besteller von dritter Seite entsprechende Hinweise erhalten hat, denen er jedoch nicht nachgegangen ist.


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