Mark Seibel


Das PMBC-Urteil des OLG Hamm

Trotz Rechtskraft kein verbindliches Grundsatzurteil! Revisionsrechtliche Erläuterungen und Klarstellungen


Unser Beirat Dr. Mark Seibel, der selbst mehrere Jahre beim BGH in Karlsruhe tätig war, erläutert aus revisionsrechtlicher Sicht, warum das PMBC-Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Hamm vom 14.8.2019 (12 U 73/18) trotz Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH am 13.5.2020 (VII ZR 206/19) kein verbindliches Grundsatzurteil geworden ist.


1. Einleitung

Bekanntlich hat der 12. Zivilsenat des OLG Hamm in seinem Urteil vom 14.8.2019 nach sachverständiger Beratung entschieden, dass die in der Baupraxis weit verbreitete Kombination aus Abdichtungen mit PMBC und wasserundurchlässigen Betonteilen trotz Normierung in der DIN 18195-6 bzw. (neu) DIN 18533 nicht den »allgemein anerkannten Regeln der Technik« (a.a.R.d.T.) entspreche.

Motzke hat hieran zutreffend kritisiert: »Diese Etablierung [Anm. des Autors: einer DIN-Norm] kann gewiss nicht dadurch infrage gestellt werden, dass ein Sachverständiger auf der Basis seiner Umfrage und seiner Berufserfahrung allein Zweifel sät.«

Der Autor hat schon mehrfach – zuletzt auf den 46. Aachener Bausachverständigentagen 2020 – ausführlich dargelegt, warum die Urteilsbegründung des OLG Hamm in zwei Kernbereichen (Tauglichkeit der Befragung durch den Gerichtssachverständigen; eigene Schadenserfahrungen des Gerichtssachverständigen und des 12. Zivilsenats des OLG Hamm) viel zu oberflächlich bleibt und keine auf objektiver Basis nachprüfbare Argumentation bietet. Die Begründungsansätze des OLG Hamm sind deswegen insgesamt nicht tragfähig und abzulehnen.

Mit Beschluss vom 13.5.2020 hat der VII. Zivilsenat (Bausenat) des BGH die gegen das PMBC-Urteil des OLG Hamm eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (= NZB) zurückgewiesen; das Urteil des OLG Hamm ist damit rechtskräftig geworden. Im Folgenden wird aus revisionsrechtlicher Sicht erläutert, warum die (nicht näher begründete) Zurückweisung der NZB durch den BGH keinesfalls bedeutet, dass der BGH die Entscheidung des OLG Hamm als in der Sache richtig anerkannt hat.

Das PMBC-Urteil des OLG Hamm ist dadurch nicht zum verbindlichen Grundsatzurteil erstarkt. Derartige Fehlvorstellungen sind nach BGH-Entscheidungen immer wieder festzustellen; diesen soll hier mit einer kurzen Erläuterung des Revisionsrechts entgegengewirkt werden. Zur Vertiefung wird auf den Vortrag des Autors auf den 47. Aachener Bausachverständigentagen am 19.4.2021 in Aachen verwiesen.


2. Grundsätze des Revisionsrechts

Um nachvollziehen zu können, warum die (nicht näher begründete) Zurückweisung der NZB nicht bedeutet, dass der BGH das PMBC-Urteil des OLG Hamm als in der Sache richtig anerkannt hat, bedarf es einer kurzen Erläuterung der Grundsätze des Revisionsrechts.


a) Wie eine Sache zum BGH kommt

Nach § 543 ZPO findet die Revision gegen ein Berufungsurteil (des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts) nur statt, wenn sie 1. das Berufungsgericht in dem Urteil oder 2. das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung (§ 544 ZPO) zugelassen hat (vgl. § 543 Abs. 1 ZPO). Nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Wird die Revision vom Berufungsgericht nicht zugelassen, gilt § 544 ZPO. Nach § 544 Abs. 1 ZPO unterliegt die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde = NZB). Diese NZB ist nach § 544 Abs. 2 ZPO nur zulässig, wenn 1. der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwerde 20.000 EUR übersteigt oder 2. das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

Der 12. Zivilsenat des OLG Hamm hat in seinem PMBC-Urteil die Revision nicht zugelassen, sodass (weil die Beklagte zur Vorschusszahlung von über 20.000 EUR verurteilt wurde) die Entscheidung nach § 544 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO der NZB unterlag und auf diese Weise zum BGH gelangte.


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