Thomas Trippacher


Das Anordnungsrecht des Bestellers und die Vergütungsanpassung


Der Gesetzgeber hat mit dem neuen Bauvertragsrecht, das für die ab 1.1.2018 abgeschlossenen Bauverträge gilt, erstmals ein Anordnungsrecht für den Besteller von Bauleistungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 650b BGB) normiert.

Danach kann ein Auftraggeber unter bestimmten Voraussetzungen, die im Folgenden näher dargestellt werden, durch eine einseitige Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer eine Änderung des vereinbarten Werkerfolges oder der zu dessen Erreichung notwendigen Leistungen verbindlich anordnen und damit den Inhalt des Bauvertrags ändern.

Das Anordnungsrecht stellt eine Ausnahme von dem sonst herrschenden Rechtsgrundsatz bei Austauschverträgen dar, dass die Parteien nur einvernehmlich eine Änderung des Vertragsinhalts festlegen können. Es korrespondiert mit einem Anspruch des Unternehmers auf eine Anpassung der Vergütung, soweit die Anordnung hierauf Einfluss hat (§ 650c BGB).

Die neuen gesetzlichen Regelungen zum Anordnungsrecht und zur Vergütungsanpassung haben erhebliche praktische Auswirkungen auf die Abwicklung von Baumaßnahmen. Diese beginnen bei der Planung und zeitlichen Disposition der Arbeiten aufseiten des Auftraggebers sowie der Kalkulation der Preise aufseiten des Auftragnehmers, gehen über die Vertragsgestaltung und erfordern ein Umdenken beim Nachtragsmanagement und nicht zuletzt beim Umgang der Bauvertragsparteien miteinander.


Gesetzliche Regelung des Anordnungsrechts

Die neuen Bestimmungen zum Anordnungsrecht setzen den Abschluss eines wirksamen Bauvertrags i.S.d. § 650a BGB voraus. Ein Bauvertrag ist ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon (§ 650a Abs. 1 BGB). Instandhaltungsarbeiten an einem Bauwerk zählen auch dazu, wenn sie gemäß § 650a Abs. 2 BGB für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung sind.

Der neue § 650b Abs. 1 BGB geht von dem Grundsatz aus, dass die Vertragsparteien Einvernehmen über die Änderung und die infolgedessen zu leistende Mehr- oder Mindervergütung anstreben, wenn der Besteller eine Änderung des vereinbarten Werkerfolges (also beispielsweise die Ausführung eines Bürogebäudes anstatt eines Wohnhauses, die Abdichtung weiterer Dachflächen etc.) oder eine Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolges notwendig ist (z.B. aufgrund eines unvollständigen Leistungsverzeichnisses des Auftraggebers oder wegen behördlicher Auflagen) begehrt. Änderungen zur Bauzeit wurden ausdrücklich nicht in den Gesetzestext übernommen.

Der Gesetzgeber verankerte bei der Neuregelung zum Anordnungsrecht und der Nachtragsvergütung nicht ohne Grund das Konsensprinzip im BGB: Bei kaum einem anderen Thema geraten die Bauvertragsparteien in der Praxis häufiger in Streit als bei dem Grund und der Höhe einer Vergütung für zusätzliche Leistungen. Naturgemäß treten die Streitigkeiten erst während der Bauausführung auf. Die Konflikte beginnen schon bei der Frage, ob überhaupt eine zusätzliche vergütungspflichtige Leistung vorliegt oder eine mit der vereinbarten Vergütung bereits abgegoltene Leistung des Auftragnehmers. Nicht selten führen die Auseinandersetzungen zu einer wechselseitigen Blockade bis hin zum Baustillstand mit unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen für beide Seiten.

Das Gesetz sieht daher ein formales Prozedere vor, welches die Parteien künftig bei Leistungsänderungen zu beachten haben: Zunächst muss ein Begehren des Bestellers über eine Änderung des Werkerfolges oder der Leistungen, die zu dessen Erreichung notwendig sind, an den Unternehmer gerichtet werden. Welche Form und welchen Inhalt das Änderungsbegehren haben soll, gibt das Gesetz nicht vor. Schon zu Beweiszwecken empfiehlt es sich für einen Auftraggeber, ein schriftliches Änderungsbegehren mit Zugangsnachweis an den Auftragnehmer zu richten. Denn durch den Zugang des Änderungsbegehrens beim Unternehmer wird eine Verhandlungsfrist von 30 Tagen ausgelöst, § 650b Abs. 2 S. 1 BGB.

Das Begehren muss die Vertragsänderung jedenfalls so konkret beschreiben, dass der Unternehmer in die Lage versetzt wird, festzustellen, ob es sich um eine Änderung des Werkerfolges handelt – dann muss der Unternehmer nur ein Angebot abgeben, wenn ihm die Ausführung zumutbar ist – oder um eine Änderung, die den vereinbarten Werkerfolg unberührt lässt und nur zu dessen Erreichung notwendig ist.


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