Andreas Koenen


Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Bauverträge


Der Beitrag gibt einen Überblick über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Baubeteiligten.

Die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise für die Bauwirtschaft werden sich erst in den nächsten Jahren herausstellen. Bereits jetzt wirkt es sich jedoch aus, dass Auftraggeber verunsichert und Investoren zurückhaltend geworden sind. So sind Kündigungen an der Tagesordnung und viele fest eingeplante Aufträge werden erst gar nicht mehr vergeben.

Hinzu kommen Quarantäne-Maßnahmen, unterbrochene Lieferketten und ein erhöhtes Insolvenzrisiko, Letzteres auch Folge der Warnungen finanzierender Banken. Zudem greifen die behördlichen Maßnahmen tief in die Abwicklung der Architekten- und Bauverträge ein.


1 Auftraggeberseite

Fangen wir mit den Bauherren bzw. Auftraggebern an. Was diese angesichts der Krise tun können, hängt maßgeblich davon ab, ob die Aufträge bereits erteilt worden sind.

Soweit dies noch nicht der Fall ist, stellt sich für öffentliche Auftraggeber die Frage, welche Besonderheiten bei der Vergabe von Aufträgen in Zeiten von Corona zu beachten sind. 

Hier sind vor allem drei Aspekte zu nennen: 

  • die Möglichkeit der Erteilung von Direktaufträgen, 
  • die Art von Auftragsverhandlungen und
  • die Verwendung spezieller Corona-Klauseln,

die auch für private Auftraggeber von Bedeutung sind.

Aus einem Rundschreiben des Bundeswirtschaftsministeriums zur Anwendung des Vergaberechts vom 19.3.2020 ergibt sich, dass in der Corona-Krise jedenfalls dann auch eine Direktvergabe an einen vorab ausgewählten Wirtschaftsteilnehmer in Betracht kommt, wenn nur ein einziges Unternehmen in der Lage sein würde, den Auftrag unter den technischen und zeitlichen Zwängen zu erfüllen.

Um die Auftragsvergabe in dieser Zeit zu beschleunigen, sollten öffentliche Auftraggeber in Erwägung ziehen, mit potenziellen Auftragnehmern Kontakt per Telefon, E-Mail oder auch persönlich aufzunehmen. 

Aufklärungsgespräche dürften sogar mittels Videokonferenz zulässig sein – jedenfalls dann, wenn die Kommunikation keine wesentlichen Bestandteile eines Vergabeverfahrens betrifft und der Inhalt der mündlichen Kommunikation ausreichend dokumentiert wird. Dies ergibt sich aus Artikel 22 Abs. 2 der EU-Richtlinie 2014/24.

Soweit Verträge noch nicht abgeschlossen bzw. unterzeichnet sind, sollten entsprechende Regelungen aufgenommen werden, die klarstellen, dass Corona-bedingte Verzögerungen zu einer Verlängerung der Ausführungsfristen führen. Denn Corona-bedingte Verzögerungen sind mittlerweile nicht mehr unvorhersehbar.


2 Bauunternehmer

Mit einer solchen Regelung allein ist einem Bauunternehmer noch nicht geholfen. Denn er muss in jedem Einzelfall darlegen und im Zweifel beweisen, aufgrund welcher konkreter Umstände er seine Leistung nicht erbringen kann bzw. konnte. Es kommt also darauf an, ob der Unternehmer tatsächlich behindert ist und worauf die Behinderung zurückzuführen ist.

Sehen Sie sich als Auftragnehmer in der Ausführung behindert, sollten Sie die hindernden Umstände bereits in der Behinderungsanzeige deutlich zum Ausdruck bringen. Das ist bei Corona nicht anders als beispielsweise bei schwierigen Witterungsverhältnissen. Ein pauschaler Hinweis reicht also nicht aus, wobei bei behördlichen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz ein solcher Nachweis unproblematisch zu führen sein dürfte.

In diesem Zusammenhang spielt ein weiterer Erlass der Bundesregierung eine Rolle: Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, hat sich in einer behördeninternen Stellungnahme am 23.3.20203 zu den baurechtlichen Folgen Corona-bedingter Baustillstände geäußert und damit eine Diskussion in Gang gesetzt – nicht nur unter Baujuristen.

Einig ist man sich darüber, dass bei einer Behinderungsanzeige ein bloßer Hinweis auf die Corona-Pandemie und eine rein vorsorgliche Arbeitseinstellung noch nicht ausreichen, um von »höherer Gewalt« auszugehen. Dieser Erlass hat unter anderem zum Ziel, zu verhindern, dass Auftragnehmer, die schon bei der bisherigen Leistungserbringung Schwierigkeiten hatten, durch eine Berufung auf die Corona-Pandemie ein leichtes Spiel haben.

Einig ist man sich demgegenüber allerdings auch darüber, dass es als höhere Gewalt anzusehen ist, wenn ein Großteil der Beschäftigten behördenseitig unter Quarantäne gestellt und der Auftragnehmer auf dem Arbeitsmarkt oder durch Nachunternehmer keinen Ersatz findet. Dasselbe gilt, wenn ein Auftragnehmer aufgrund von Reisebeschränkungen die Baustelle nicht erreichen kann.

Lässt sich Corona-bedingt Baumaterial nicht beschaffen, wird in der Regel ebenfalls von »höherer Gewalt« auszugehen sein, es sei denn, der Unternehmer hat sich viel zu spät um die Beschaffung von Baumaterial gekümmert.


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