DER BAUSV 4/2019


Michael Schorn


»Angemessener« Aufwendungsersatz

bei unverhältnismäßigen Kosten der Nacherfüllung in sogenannten »Einbaufällen« beim Kauf


1. Ausgangslage

Mit dem Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts wurden auch Regelungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung geändert. Dies betrifft u.a. die sog. »Einbaufälle«, also die Fälle, in denen der Käufer die gekaufte mangelhafte Ware in eine andere Sache, insbesondere auch ein Gebäude, eingebaut hat und dann Nacherfüllung verlangt.

Die neuen Regelungen beinhalten Änderungen zu der Unverhältnismäßigkeitseinrede des Verkäufers und in diesem Zusammenhang auch Änderungen im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs. Grundsätzlich hat der Käufer einer Ware bei einem Mangel die Wahl, nämlich entweder die Beseitigung des Mangels zu verlangen oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (§ 439 Abs. 1 BGB).

Ist die mangelhafte Kaufsache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder neu gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen (§ 439 Abs. 3 Satz 1 BGB).

Der Verkäufer kann aber die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung (Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache) verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 439 Abs. 4 Satz 1 BGB). Bei der Ermittlung der unverhältnismäßigen Kosten sind insbesondere der Wert in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann (§ 439 Abs. 4 Satz 2 BGB). Wenn im vorstehenden Sinne auf die andere Art der Nacherfüllung zurückgegriffen werden kann, beschränkt sich der Anspruch des Käufers auf die andere Art der Nacherfüllung, wobei der Verkäufer auch dann noch das Recht hat, diese Art der Nacherfüllung unter Berücksichtigung der Regelung des § 275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB zu verweigern (§ 439 Abs. 4 Satz 3 BGB).

Ist der Käufer Verbraucher, ist § 475 Abs. 4 BGB in diesem Zusammenhang zu beachten. Wenn nämlich infolge vorstehender Regelungen die eine Art der Nacherfüllung ausgeschlossen ist oder der Unternehmer diese verweigern kann, kann die andere Art der Nacherfüllung nicht wegen Unverhältnismäßigkeit der Kosten verweigert werden. Wenn diese andere Art der Nacherfüllung wegen der Höhe der Aufwendungen grundsätzlich unverhältnismäßig ist, kann der Unternehmer den Aufwendungsersatz auf einen »angemessenen Betrag« beschränken (§ 475 Abs. 4 BGB). Bei der Bemessung dieses angemessenen Betrags soll insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen sein (§ 475 Abs. 4 Satz 3 BGB).

Um eine Unverhältnismäßigkeit im Sinne der Neuregelung des § 439 Abs. 4 BGB zu bestimmen, gibt es demnach zwei Methoden. Zunächst die »relative Methode«: Diese vergleicht die Kosten der vom Käufer begehrten Form der Nacherfüllung (z.B. Neulieferung) mit denen für die andere Form der Nacherfüllung (z.B. Beseitigung des Mangels) entstehenden Kosten. Sodann sieht die Neuregelung die »absolute Methode« vor. Diese zieht im Wege des Vergleichs das Leistungsinteresse des Käufers heran, also in der Regel den Wert der Kaufsache und die Bedeutung des Mangels. Ist der Käufer ein Verbraucher, wird die absolute Methode durch § 475 Abs. 4 BGB eingeschränkt.

Bei den sog. »Einbaufällen« wird es in der Regel nicht so sein, dass ohne Aus- und Wiedereinbau der Mangel beseitigt werden kann, etwa eine Reparatur durchgeführt werden kann und vielfach wird es so sein, dass die Aus- und Einbaukosten die Kosten für die Beseitigung des Mangels (Reparatur) bzw. die Neulieferung einer mangelfreien Kaufsache übersteigen.

2. Verweigerung wegen Unverhältnismäßigkeit

Die Bewertung einer Unverhältnismäßigkeit durch die Rechtsprechung ist letztendlich nichts Neues, denn auch § 635 Abs. 3 BGB sieht für das Werkvertragsrecht vor, dass der Unternehmer die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB verweigern kann, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Die Rechtsprechung hat aber hier strenge Anforderungen gestellt, insbesondere strengere Anforderungen als zur damaligen alten Regelung des § 439 BGB. Nach der allgemeinen Meinung handelte es sich bei der Vorschrift zur Unmöglichkeit – § 275 Abs. 2 BGB – um eine eng auszulegende, nur selten anwendbare Ausnahmevorschrift, die ein grobes Missverhältnis zwischen dem für die Leistung erforderlichen Aufwand des Schuldners und dem Leistungsinteresse des Gläubigers erfordert und damit deutlich strengere Anforderungen stellt als etwa § 439 BGB für die absolute Unverhältnismäßigkeit.


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